Tolle Geschichte

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rafiki Avatar

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Zunächst dachte ich dieses Buch wäre sehr klischeehaft, kitschig und es würde ausschließlich um ein Liebespaar gehen. Meine Befürchtungen wurden zu meiner Freude nicht erfüllt un die Geschichte hat mich positiv überrascht.
Inhaltlich geht es um Vanessa, 29 Jahre alt, die nach Tokyo fliegt um dort für 3 Monate als Kindermädchen zu arbeiten. Zu Beginn ist nicht ganz klar, warum Vanessa, Vani genannt, so überstürzt nach Japan aufbricht. Der Leser wird hier zunächst im Dunkeln gelassen und kann sich die Gründe nur ausdenken. Schließlich kommt dasnn raus, dass Vani kurz zuvor in Deutschland an einer Depression litt. Diese wurde jedoch nicht von einem Arzt behandelt. Eine Freundin von einer Freundin, die bei der Lebensberatung arbeitet, hat Vani dann geraten an einen anderen Ort zu reisen, raus aus allem, was sie kennt. In Tokyo geht es Vani dann direkt besser und aus ihren Handlungen ist für den Leser nicht zu erschließen, dass sie eigentlich eine Depression hat. Den Hintergund, dass es Vani in Deutschland schlecht ging und sie deshalb nach Tokyo kommt, finde ich sehr gut gelungen. Jedoch ist ein bisschen fraglich, ob jemand, der wirklich depressiv ist so eien Reise antreten kann und sich in einer völlig fremden Welt zurecht findet, in der man ganz natürlich mit neuen Problemen konfrontiert wird. Deshlab hätte ich es realistischer gefunden, wenn beschrieben worden wäre, dass Vani eines Lebenskrise hat und nicht unbedingt eine Depression. Da ich kein Arzt bin, kann ich aber auch nicht 100 prozentig einschätzen, ob die Geschichte nun durch diesen Umstand realistisch oder unrealistisch ist.
Als Vani den ersten Tag in Tokyo ist, wird sie von dem alten Kindermädchen eingearbeitet. Ihre Gastfamilie verhält sich ihr gegenüber eher reserviert und beutet sie als zu jeder Zeit verfügbarer Babysitter aus. Die beiden Kleinkinder, die Vani betreut, werden von den Gasteltern auch nicht langsam an Vani gewöhnt, sondern ihr quasi direkt in die Hnad gedrückt und danach sind die Eltern den Ganzen Tag auf der arbeitet. Das fande ich zunächst auch eher unrealistisch, dass Eltern einer Fremden ohne "aneinander Gewöhnung" direkt die Kleinkinder alleine überlassen. Aber es ist natürlich auch möglich, dass das in Japan anders als in Deutschland gehandhabt wird.
Da Vani von ihrer Gastmutter so hart eingespannt wird, überlegt sie in eine eigene Wohnung bzw. ein WG-Zimmer umzuziehen. Schließlich landet sie bei Saki, die ein Zimmer vermietet. Saki ist 25 Jahre alt, Halbjapanerin, arbeitet in einem Cafe, schreibt nebenbei einen Blog und führt einen frisch gegründeten Hilfservice für kulturelle Probleme. Erfrischend ist, dass immer wieder Einträge aus Saki's Blog aufgeführt werden. In dem Blog geht es unter anderem um Geschichten von verschiedenen Pärchen, von denen einer japanischer Nationalität ist und der andere eine andere Nationalität hat. Hierbei wird das Thema "interkulturelle Beziehungen" und deren Herausforderungen und Missverständnisse besonders deutlich thematisiert. Aber aber im Rest des Buches ist es Thema, das interessant und in der Geschichte eingebunden, behandelt wird. Wegen diesem Aspekt hat mir das Buch sehr gut gefallen.
Des Weiteren ist es der Autorin sehr gut gelungen die Stadt und deren Umgebung zu beschreiben. Beim Lesen bekommt man einen guten Eindruck von der Atmosphäre der Stadt, die die Protagonisten wahrnehmen. Auch wird deutlich wie gut die Autorin sich selbst dort auskennt, zum einen mit den verschiedenen Orten und Plätzen, Sehenswürdigkeiten, aber auch mit dem Wohnungsmarkt, der dortigen Währung und den Menschen. Dadurch wirken die Charaktere und ihre Interaktionen sehr authentisch.
Ein Teil der mich gestört hat, ist dass der Text nicht im Blocksatz verfasst war. Zudem bin ich auf einige Rechtschreib-, Satz- und Grammatikfehler gestoßen. Der Verlag hat jedoch die E-book Version nach ein paar Tagen ausgetauscht, da es sich angeblich aus Versehen um eine nicht ganz korrigierte Form gehandelt hat. Die Version habe ich nicht überprüft, aber ich denke, dass die Fehler dort dann nicht auftauchen.
Außerdem passt der Titel "Für immer und Sushi?" nicht hundertprozentig zum Inhalt. Dieser Wortlaut taucht nicht in der Geschichte auf, sowie Sushi ebenfalls nicht erwähnt wird. Inhaltlich kann ich natürlich nachvollziehen, dass dieser Titel darauf abzielt, ob Vani in Tokyo bleibt, wegen der Liebe, oder nicht. Jedoch finde den Titel nicht vollkommen passend
Alles in allem ist das Buch überraschend gut. Es ist kein typischer Frauenroman, sondern vielschichtiger und die Liebesstory steht nicht im Zentrum, sondern bildet das i-Tüpfelchen. Insgesamt vergebe ich deshalb 4 von 5 Sternen.

Ein abschließendes Zitat:
"Wenn Sie sich trennt von ihrem Mann, wegen [...] [dem], was ihre Freundin gesagt hat...dann ist das doch sicherer für sie, oder? Sie versteht anscheinend ihren Mann nicht, weil er anders ist als sie. Aber statt zu vertrauen, dass er sie trotzdem liebt, [be]endet sie [die] Beziehung. Vielleicht, weil sie mit dem Zweifel nicht leben kann? [...] Also besser, alles beenden und damit die Kontrolle wiedererlangen." (alte Version, S. 247)