Queere Liebesgeschichte mit authentischen Charakteren

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
zwischen.den.buchwelten Avatar

Von

Dies‘ ist das zweite Buch mit einem non-binären Charakter, das ich gelesen habe. Im Deutschen gibt es leider noch keine einheitlichen gender-neutralen Pronomen. Daher musste ich mich erstmal von sier/siem/sies auf dey/demm/deren umstellen. Zum Glück habe ich mich schnell daran gewöhnt, so dass die Verwendung der Pronomen sowie anderer genderneutraler Ausdrücke meinen Lesefluss nicht gestört haben.

Insgesamt ist der Schreibstil von Anita Kelly locker und angenehm zu lesen. Die Geschichte ist aus der Erzählperspektive geschrieben, was ich etwas schade fand. Ich denke, eine abwechselnde Ich-Perspektive hätte den Figuren vielleicht noch etwas mehr Tiefe gegeben.
Nichtsdestotrotz sind die beiden Hauptprotagonisten London und Dahlia toll beschriebene Charaktere, wobei Dahlia m.M.n. etwas besser ausgearbeitet war als London. Insbesondere die Vergangenheit der Figuren wird zwar viel angesprochen, hätte aber bei London noch etwas tiefer gehen können.

Obwohl ich selber keine begnadete Hobby-Köchin bin, hatte ich mich doch auf des Setting des Romans – dem Dreh einer Kochshow – sehr gefreut, denn ich gucke solche Sendungen sehr gerne. Ich hätte mir daher noch tiefere Einblicke in die Show und die eigentlichen Kochchallenges gewünscht. Gerade in der Mitte des Buches wurde die Show nur noch am Rande erwähnt. Das fand ich schade, denn dadurch fielen leider auch die anderen Teilnehmer ein bisschen hinten über. Vor allem Lizzie als vermeintliche „Antagonistin“ hätte gerne etwa mehr Profil bekommen können.

Die Handlung gibt den beiden Protagonisten und deren Beziehung zueinander viel Raum. Das machte die Geschichte glaubwürdig, hatte aber für mich den Nachteil, dass es doch auch ein paar Längen gab. Das letzte Drittel hat mich dann aber sehr gefesselt. Und auch wenn das Ende ein bisschen vorhersehbar war, hat es mich doch sehr berührt.

Gar nicht gefallen hat mir übrigens der Titel des Buches. Er ist m.M.n. nichtssagend und passt nicht zu der Geschichte. Den Originaltitel ‚Love & other disasters‘ finde ich zwar auch nicht prickelnd, aber der deutsche Titel klingt einfach so nach 0815 Liebesgeschichte und das wird dem Buch nicht gerecht.

Fazit. ‚Für jede Liebe ein Problem‘ ist eben keine 0815-Liebesgeschichte, sondern erzählt von zwei queeren Menschen, die ihren Weg zu sich selbst und zueinander finden. Die beiden Hauptprotagonisten sind toll ausgearbeitet und ihr Handeln sowie die Beziehung zueinander wirken authentisch. Die Rahmenhandlung rund um die Kochshow war originell, hätte aber für meinen Geschmack noch etwas detaillierter sein können. Leseempfehlung.