Ein Lesegenuss

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la calavera catrina Avatar

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Der 60-jährige Heinrich Hildebrand wollte eigentlich seine Ruhe in seiner Villa im niedersächsischen Bissendorfer Moor im Naturschutzgebiet Kananohe. Wie es dann dazu kam, dass er die 18-jährige Fritzi Prager und ihrem neugeborenem Sohn Hannes ein Zimmer vermietete, obwohl es schon vergeben war, ist sicher Schicksal. Genauso wie die Freundschaft zwischen Polina und Hannes, die wie Geschwister gemeinsam mit den Moorhühnern aufwachsen und unterschiedlicher nicht sein könnten. Polina ist hellwach und voller Neugierde auf die Welt. Hannes ist ein stiller Beobachter und aufmerksamer Zuhörer, dem das Wunder der Musik zu Füssen liegt. »Poli redete, und Hannes hörte ihrer Stimme zu.« Nicht immer kann das Glück wären und so ereignet sich ein Schicksalsschlag, der die drei Mitbewohner trennt und das Leben in ein Davor und Danach teilt. Hannes kann kein Klavier mehr spielen und die mögliche Liebesgeschichte von Polina und Hannes zerbricht.

Dieser Roman hat mich aufgrund der Protagonisten begeistert, die, mit großer Sprachkunst beschrieben, ihre Höhen und Tiefen durchschreiten. Der erste Teil verzaubert besonders. Es hat mir gefallen, wie Autor Takis Würger den Bogen geschlagen hat und mich damit glücklich machen konnte, denn alles dazwischen hat mich verleitet, Hannes durchzuschütteln oder ihn in den Arm zu nehmen. Es war berührend, mitreißend und auch spannend, denn der Ausgang bleibt lange ungewiss, auch wenn ich nicht überrascht war. Die Wege dahin führen über Hamburg, sind einfallsreich, hart und schön. Ingesamt eine liebevolle Hommage an die Schönheit der Musik und die Betrachtung eines Künstlers, der sich erst noch finden muss.

»So schön, wie das Alter sich auch zeigen konnte, wenn es einen nicht mit Gicht und Krebs und Schlaganfällen aus dem Leben fräste, sondern sich vor einem ausbreitete wie eine Decke aus Angorawolle, die zur Rast einlädt – so weich und gnädig klang dieses Instrument.«