Reichlich überspannt

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pawlodar Avatar

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Reichlich überspannt das Ganze. Wäre da nicht der rüde Sprachgestus und das Übermaß an explizit dargestelltem Sex in mancherlei Spielarten, man könnte meinen, es mit einem viktorianischen Schauerroman zu tun haben. Einigen wir uns vielleicht auf Bonjour tristesse 2.0.

Was man der Autorin zugute halten mag, ist der ungemein ausgefeilte Plot, der in immer neuen Pirouetten die beiden dicht verwobenen Zeitebenen mit immer neuen Twists ausstattet. So haben wir es also mit dem Dreigestirn der Freundinnen Alec, Meg und Tess zu tun, deren modernistische Namen bereits an die Furien der griechischen Mythologie angelehnt sind. In abgezirkelter Weise sind diese in ihr jeweiliges Setting eingebettet: familiärer Hintergrund, soziologisch definiertes Milieu, unterschiedliche Profile hinsichtlich Aussehen, Verhalten, Temperament.

So entfaltet sich auf beiden Zeitebenen eine übermäßig düstere Leidenschaft zwischen der Erzählerin Alec und Romain, so einer Art Halbgott, ein Adonis, aber leider hochdepressiv und entsprechen destruktiv. Im Gefolge dieser dramatischen Beziehung wird der Leser mit diversen Formen von Kollateralschaden konfrontiert. Die Apotheose der Heldin erfolgt höchst überraschend, und nach 349 Seiten gemischt aus zeitweise praller Action und mittigen Längen, kommt dieser Höllenritt aus pubertärem Ennui und Lebenshunger an ein in philosophischer Gelassenheit getränktes Ende.