Summertime Sadness

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annatalea Avatar

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Schon nach wenigen Seiten wird klar, furye ist kein Buch, das man einfach so wegliest. Es geht tief, tut weh, berührt und bleibt. Im Mittelpunkt steht eine 37 Jahre alte Frau, die auf dem Papier alles erreicht hat. Sie ist erfolgreiche Musikmanagerin, wird öffentlich bewundert und glänzt auf Magazin Covern. Doch innerlich ist sie leer, einsam, erschöpft. Der Tod ihres Vaters, der Rückzug der Mutter und ein weiterer Schicksalsschlag führen dazu, dass sie sich eine Auszeit nimmt und an den Ort zurückkehrt, an dem alles begann.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart kämpft sie mit Druck, Trauer und gesellschaftlichen Erwartungen. In der Vergangenheit taucht man durch alte Tagebucheinträge in ihre Jugend ein. Dort war sie Teil einer kleinen rebellischen Mädchenclique, den sogenannten Furien. Drei junge Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber doch alle Außenseiterinnen an einer elitären Schule. Die Protagonistin mit dem Spitznamen Alec wächst in ärmlichen Verhältnissen auf und versucht, sich in einer Welt zurechtzufinden, in der Geld, Herkunft und Status über Zugehörigkeit entscheiden. Besonders die Szenen über den Stolz, trotz Armut nichts von sich aufzugeben, haben mich sehr berührt.

Die Gestaltung des Buchs, vor allem das Cover mit der schimmernden Schwimmerin, ist wunderschön. Es fängt perfekt diese Mischung aus Leichtigkeit und Schwere ein, die sich durch die ganze Geschichte zieht. Die Stimmung ist wie ein heißer Sommertag mit drückender Luft, schön, aber schwer auszuhalten.

Was mich am meisten beeindruckt hat, war die emotionale Tiefe der Figuren. Sie wirken nicht konstruiert, sondern lebendig, verletzlich, wütend, stolz. Besonders Alec ist jemand, der einem sehr nahegeht, auch weil sie selbst nicht perfekt ist. Die Autorin zeigt sie in all ihrer Zerrissenheit, zwischen Erfolg und Selbstzweifeln, zwischen Unabhängigkeit und der Sehnsucht nach Nähe.

Der Schreibstil ist anfangs etwas ungewohnt, eher ruhig, manchmal fast poetisch. Aber wenn man sich darauf einlässt, entwickelt er eine große Kraft. Viele Szenen haben sich eingebrannt, weil sie so klar, so ehrlich und bildhaft sind. Was gesagt wird, ist oft weniger wichtig als das, was unausgesprochen bleibt.

Thematisch behandelt furye sehr viel, Armut, Gewalt, psychische Gesundheit, erste Liebe, toxische Männlichkeit, gesellschaftlicher Druck auf Frauen, Schönheitsideale, Kinderwunsch. Aber es wirkt nie überladen. Alles greift ineinander, fast wie Wellen, die sich überlappen und weitertragen. Besonders der feministische Blick auf die Rolle der Frau hat mich sehr bewegt. Das Buch stellt wichtige Fragen. Darf eine Frau sich gegen Kinder entscheiden. Darf sie wütend sein. Muss sie immer schön, angepasst und stark wirken, auch wenn sie innerlich zerbricht.

Trotz der vielen ernsten Themen bleibt furye nie hoffnungslos. Es ist melancholisch, ja, aber auch zärtlich, aufrichtig und an vielen Stellen wunderschön. Manche Kapitel tun weh, manche machen wütend, manche still. Und genau das macht das Buch so besonders.