Geschichten aus dem Knast

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laberladen Avatar

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Darum geht's:

Ein Gefängnisarzt blickt hinter die Kulissen des Gefängnisbetriebes und oft genug auch in die Seelen der Insassen. Joe Bausch hat seine langjährigen Erfahrungen und Begegnungen in 12 Kurzgeschichten aus dem Knastleben gepackt und erzählt von eiskalten Psychopathen, Selbstjustiz und Gentleman-Verbrechern.

So fand ich's:

Bei der Einordnung in ein Genre tue ich mir bei diesem Buch schwer. Es ist kein reines Sachbuch, denn die Geschichten, die erzählt werden, sind verfremdet, anonymisiert und auch durch Fiktion ergänzt worden, um runde, schön lesbare Episoden zu bekommen. Andererseits sind es auch keine frei erfundenen Kurzgeschichten, denn dahinter stehen schon reale Erlebnisse und Schicksale aus Joe Bauschs Berufsleben als Gefängnisarzt und die Abläufe, der Umgang mit den Gefangenen und die Spezialbegriffe aus der Gangster- und Gefängnissprache sind echt.

Herausgekommen ist eine Sammlung von 12 Geschichten, die Realität, Einzelschicksale und Fiktion zu einem harmonischen Ganzen verweben. Der Schwerpunkt der Geschichten liegt nicht auf dem Verbrechen an sich, sondern auf der persönlichen Komponente. Reue, Rache, Angst vor den eigenen dunklen Zwängen, gescheiterte Existenzen, Mitläufer und eiskalte Planer - die verschiedensten Facetten treffen hier aufeinander. Welcher Teil real und was dazu ergänzt ist, erkennt man nicht. Joe Bausch bedient sich einer direkten und klaren Sprache, bei der man doch den Eindruck bekommt, dass diese Geschichte einem auch der Strafgefangene selbst genau so erzählen könnte. Das Buch weist eine ruhige Erzählweise auf, die nichts effekthascherisch aufbauscht, denn die Schicksale sprechen für sich und packen einen auch so.

Bausch schafft es, eine gewisse Distanz zu wahren und zwar schon Mitgefühl und einen freundlichen, humanen Umgang mit den Häftlingen zu schildern, aber sich nicht in die erschreckenden oder tragischen Schicksale der Häftlinge persönlich hineinziehen zu lassen und auch seine Erzählungen ist so gestaltet. Das hat mir besonders gut gefallen, denn eine emotionale Schilderung hätte für meinen Geschmack hier auch nicht gepasst. Schließlich sind es Schwerverbrecher, von denen hier berichtet wird, auch wenn sie Menschen mit teilweise tragischen Schicksalen sind. Bausch erlaubt sich ein paar nachdenkliche Worte ab und zu, überlässt es aber jedem Leser selbst, diese Lebenswege zu werten.

Die Sammlung von Kurzgeschichten unterhält und informiert auf ruhige, sehr realitätsnahe Art und hat mir einen kleinen Einblick in eine für mich völlig unbekannte Welt beschert.