Solider Schwedenkrimi

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kikiwee17 Avatar

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Der Kriminalroman „Geburtstagskind“ des schwedischen Autors Anders Roslund ist am 3. August 2020 im Ullstein Verlag erschienen.

Vor siebzehn Jahren wurde Kommissar Evert Grens zu einem Stockholmer Appartement gerufen, weil einen Nachbar ein permanent laut angestellter Fernseher störte. Als nach dem Klingeln die fünfjährige Zana öffnet, macht der Kommissar in der Wohnung eine schreckliche Entdeckung. Ein Einbruch ohne Diebstahl in eben dieses Appartement ruft den Kommissar fast 20 Jahre später erneut auf den Plan. Kann er die Gräueltaten von damals doch noch aufklären?

"Sogar in meiner Brust ist es still. Genau da, wo die Angst sitzt. Die massive Schwärze, die unentwegt pocht und mich von innen heraus anschreit - ich spüre sie nicht mehr."

Der Prolog ist aus der Ich-Perspektive der kleinen Zana geschrieben und lässt die Beklemmung Zeile für Zeile wachsen. Während sich zu Beginn bei ihrem „Hochsollsieleben“ noch ein Lächeln auf mein Gesicht legte, steigerte sich mit jedem gelesenen Abschnitt das Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht richtig ist. Die Geschehnisse in der Gegenwart werden in neun verschieden lange „Teilen“ erzählt, innerhalb derer die Erzählperspektive immer wieder wechselt.

In einem zweiten Handlungsstrang lernen wir Piet Hoffmann und seine Familie kennen. Heute leitet er ein Sicherheitsunternehmen, aber in seiner Vergangenheit war er als Infiltrator tätig und hat die schwedische Polizei im Kampf gegen das organisierte Verbrechen unterstützt. Genau davon hat ein Unbekannter erfahren und bedroht nun das Leben seiner Familie.

Mit dem zweiten Handlungsstrang nahm die Geschichte eine Richtung, die ich thematisch nicht erwartet hätte und die mich leider auch nicht so stark fesseln konnte, wahrscheinlich waren mir die Ausführungen hier deshalb zum Teil etwas zu langatmig. Als Gesamtpaket war der Plot aber wirklich großartig und konnte mich gerade zum Ende nochmal richtig überraschen.

Die Charaktere sind hervorragend beschrieben. Zum einen ist der Protagonist Evert Grens, der mit seiner kurz bevorstehenden Pensionierung hadert, so gut wie keine Freund hat und am liebsten auf seiner Cordcouch im Präsidium übernachtet, unglaublich authentisch dargestellt. Aber auch die Nebenfiguren, seine Kollegen Marina Hermansson und Sven Sundkvist sind sehr gut ausgearbeitete und glaubhafte Figuren. Und auch Piet Hoffmann ist eine höchst interessante Person, eigentlich will er nur seine Familie beschützen, gerät dabei aber mitten in einen Rachefeldzug. In diesem Thriller agieren verschiedene Figuren, die nicht einfach in Gut und Böse unterteilt werden können.

Der Autor erzählt eine Geschichte von Verrat und Rache, diese wird in dem für schwedische Krimis typischen nüchternen und relativ kühlen Schreibstil erzählt. Am Ende laufen alle Fäden zusammen und der Plot bietet noch einmal eine überraschenden Wendung.