Beklemmend aber so wichtig

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leilalala Avatar

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"Ich glaube, dass wir, die davon betroffen sind, bloß von Anfang an Kontrolle mit Liebe verwechselt haben."

Die Geschichte von Faina und Philipp wird wechselnd aus ihren Perspektiven erzählt, mit Rückblicken zum Beginn ihrer Freundschaft, dem Auseinandergehen, Fainas Rückkehr und dessen Folgen.
Dabei war Philipps Perspektive für mich fast nicht zu ertragen, so selbstgerecht, verurteilend und ekelhaft misogyn, rassistisch und antisemitisch.
Das wird im Laufe des Buches immer schlimmer und zeichnet sehr gut ein Psychogramm. Doch ich hätte das nicht gebraucht. Vor allem ab dem Moment, in dem Faina und er zusammen alles erleben, hätte ich viel lieber nur noch ihre Perspektive gelesen. So eine vielschichtige Protagonistin, die nicht immer sympathisch ist, deren Werdegang ich aber interessiert verfolgt habe. Und im Zusammenhang mit dem Ende des Buches frage ich mich wirklich, warum sollte ich aus der Perspektive von Männern lesen, die zu Tätern werden.

Der Schreibstil hat mir unglaublich gut gefallen. Die Autorin erzählt sehr clever, beschreibt treffend, nachvollziehbar und sehr beklemmend die Dynamiken dieser Beziehung und auch innerhalb der dazugehörigen kaputten Familien. Man wird eingesogen von dieser Geschichte und verfolgt gebannt die Abwärtsspirale. Man spürt wie sich die Beziehung immer mehr verändert. Ich habe mich wirklich eingesperrt gefühlt.

Das Buch behandelt sehr viele wichtige und düstere Themen. Die Geschichte ist auch eine wichtige Kritik an einem System, in dem Gewalt in Beziehungen ein Tabu ist, Betroffene zu wenig und zu spät Hilfe erhalten und Femizide nicht verhindert werden. Daher kann ich nur empfehlen, das Buch zu lesen und genau zu beobachten, wie alles kippt, wie schnell sich die Umstände ändern, wie schwierig es ist, sich zu befreien.

Schade finde ich, dass das Ende des Buches auf dem Buchrücken schon verraten wird.