Besitzansprüche

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Beim neuen Roman von Lana Lux hat das Cover mit der auffällig pinken Schrift, deren Anordnung ein Widerspruch zum Titel des Buches ist, direkt angesprochen.

Die Protagonist:nnen sind beide relativ extreme Charaktere. Die Handlung beginnt Anfang der 90er Jahre. Faina kommt im Grundschulalter aus der Ukraine in eine Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen und dort in die Klasse des Außenseiters Philipp, der mal bei seiner Tante und dann wieder bei seiner alkoholkranken Mutter lebt. Sie sind sich optisch recht ähnlich, beide haben rote Haare, und Philipp beschließt direkt, dass Faina seine (beste und einzige) Freundin werden muss. Er beginnt aber auch schnell, an ihr herumzumäkeln und versucht, sie zu formen, sie soll die deutschen Begriffe richtig aussprechen und sich an deutsche Gepflogenheiten halten. Irgendwann wohnen sie sogar in einer WG zusammen, bis es zu einem großen Streit kommt und Faina den Kontakt abbricht, um dann später aber wieder schwanger vor Philipps Tür zu stehen, um sich wieder auf ein platonisches Zusammenleben mit ihm einzulassen, auch wenn sie durchaus seine dunklen Seiten kennt.

Ich fand den Roman sehr eindrucksvoll, weil es der Autorin gelungen ist, unbewusst nebenbei aufzuzeigen, wie eine toxische Beziehung funktioniert, welche Faktoren noch dazu beitragen können, dass man diese zunächst gar nicht als "unnormal" wahrnimmt und, dass es eben nicht so einfach ist, sich daraus zu lösen, wie man als Außenstehende:r vielleicht vermuten mag. Die Charaktere wurden von Lana Lux, abgesehen von kleineren Ungereimtheiten, sehr überzeugend ausgestaltet und trotz ihrer jeweiligen Extreme, konnte man sich in sie hineinversetzen und ahnte insbesondere im letzten Drittel mehr und mehr, wie alles sich weiter entwickeln würde. So war die Lektüre dann auch sehr fesselnd und es fiel mir schwer, das Buch vor dem zugleich nüchtern wie eindrücklich gestalteten Finale wieder aus der Hand zu legen. Der Schreibstil der Autorin war dabei flüssig lesbar. Ich bin schon gespannt auf weitere Projekte.