Erschreckend realistisch, absolut lesenswert

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madamebiscuit Avatar

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Puh, diese Rezension fällt mir schwer, weil ich das Gefühl habe, das Gelesene nicht angemessen in Worte fassen zu können. Dieses Buch ist perfide, im besten und brutalsten Sinne. Es hat mir den Schlaf geraubt. Erst, weil ich es nicht weglegen konnte und es unbedingt fertiglesen musste und dann, weil nicht mehr an Schlaf zu denken war.
Lana Lux erzählt von der Freundschaft zwischen Philipp und Faina, abwechselnd aus seiner und ihrer Warte heraus. Dabei schafft sie es problemlos, dass ich anfänglich für beide unheimliches Mitgefühl und Verständnis empfunden habe. Philipp lebt mit seiner alleinerziehenden, alkoholkranken und gewalttätigen Mutter zusammen und lernt Faina in der Grundschule kennen. Sie kommt zu diesem Zeitpunkt mit ihrer streng konservativen Familie aus der Ukraine nach Deutschland. Die beiden werden beste Freunde, haben später auch eine Art Beziehung miteinander, bevor es zu einem Bruch kommt.
Als sie drei Jahre später ihre Freundschaft wiederaufleben lassen, wird das gesamte Ausmaß dieser toxischen Beziehung deutlich.
Dieses Buch veranschaulicht beängstigend gut, wie Abhängigkeit und Macht ineinandergreifen. Wie manipulativ und skrupellos Menschen vorgehen, um ihre*n Partner*in nicht zu verlieren. Wobei es hier definitiv nicht mehr um eine gesunde Beziehung oder Liebe geht, sondern um Besitz und Dominanz.
Dabei schreibt die Autorin schonungslos und direkt, was die Eindringlichkeit der Handlung intensiviert und mich Philipp und Faina unheimlich nahekommen lässt. Es kostet Nerven, diese Geschichte auszuhalten, auch an der Täterseite so unmittelbar teil zu haben. Gerade weil diese Situationen so oder so ähnlich real passieren und Alltag sind.
Lana Lux ist für mich eine großartige Autorin, deren Geschichten mich jedes Mal bis ins Mark erschüttern. Sie lenkt unser Augenmerk auf Brennpunktthemen innerhalb unserer Gesellschaft, die immer noch zu häufig blinde Flecken sind.
Insofern spreche ich eine definitive Leseempfehlung aus, wenn Ihr Euch den Themen gewachsen fühlt.