Eskalation!

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literaturentochter Avatar

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»Seit dem Sommer 97 waren Faina und ich [Philipp] ganz offiziell beste Freunde« (S. 37).

Philipp hat in seiner Kindheit nur einen Wunsch – einen besten Freund oder eine beste Freundin zu finden. Im Alter von zehn Jahren geht dieser Wunsch in Erfüllung. Faina, aus der Ukraine stammend, ist ›die Neue‹ in der Klasse. Die beiden freunden sich direkt an, trotz Faina’s vermeintlichen Eigenarten. Sie bringt ihr Essen im Tetra Pak zur Schule und wenn sie spricht, dann korrigiert Philipp sie häufig.

Bereits im Kindesalter verwechselt Philipp Nächstenliebe mit dem Wunsch, einen Menschen dominieren zu wollen. Dabei sehnt sich dieser extrem nach Liebe und Aufmerksamkeit. Seine Mutter ist alleinerziehend und mehr am Alkohol interessiert, als an ihrem Sohn.
Die Jahre ziehen ins Land, Faina und Philipp werden erwachsen. Sie verlieren sich aus den Augen.

»Von 1997 bis 2011 sind es vierzehn Jahre, und sollte ich [Philipp] recht behalten und sie, also Faina, kommt nochmal angekrochen, dann zählt es für mich ab 1997. Weil immer die ganze Freundschaft zähle, nicht nur die Sonnenscheinmomente« (S. 37).

Während Philipp im Erwachsenenalter in einer schicken Eigentumswohnung und in einer festen Beziehung lebt, ist Faina verlassen worden, verschuldet und befindend sich als obdachlose Schwangere in einer Notlage. Verzweifelt meldet sie sich bei Philipp und die beiden finden erneut zueinander…


In »Geordnete Verhältnisse« verfolgt die Leser:innenschaft zuerst die Sicht von Philipp, anschließend wird die Geschichte aus Faina’s Sicht erzählt und im letzten Teil kommen beide Figuren als Ich-Erzählende zu Wort. Bin kein Fan von Erzählungen durch Tätersicht, doch Lana Lux nutzt Philipps Erzählstimme, um dem Buch eine unverwechselbare Dynamik zu geben. An vielen Stellen ist das Buch schwer zu ertragen. Bereits zu Beginn des Buches sammelt Philipp bei mir keine Sympathiepunkte, während ich Faina am liebsten aus der Geschichte ziehen will, um sie zu schützen. Manchmal auch vor sich selbst!


(Achtung Spoiler!)

Das Ende, für mich vorhersehbar und trotzdem schockierend, es geht mir nah. Ich verdrücke ein paar Tränen und bin sehr traurig. Mit diesem Gefühl klappe ich das Buch zu, schaue mir das Cover nochmal an – ein Roman und doch eine Geschichte, die eine Realität für viele Frauen aufzeigt. Mit einem Ende, welches sich dieses Jahr (Stand 12.03.2024) bereits 21 Mal so ereignet hat #niunamenos