Eskalation einer toxischen Beziehung

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bedard Avatar

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Philipp ist in der dritten Klasse und wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich einen Freund zu haben. Er ist wegen seiner roten Haare, seiner Inkontinenz und seiner alkoholkranken Mutter ausgegrenzt. Sein Wunsch geht in Erfüllung, als Faina in seine Klasse kommt. Sie stammt aus der Ukraine, beherrscht die deutsche Sprache noch nicht gut und hat ebenso wie er rote Haare. Als Faina richtig in Deutschland angekommen ist, reicht ihr die ausschließliche Beziehung zu Philipp nicht mehr und sie sucht Kontakt zu anderen Gleichaltrigen. Philipp kommt damit nicht zurecht und ihm zuliebe schränkt sie ihre Kontakte ein. Schließlich wohnen beide sogar zusammen, sind aber kein Liebespaar. Dann geschieht etwas und es kommt zum Bruch.
Als Faina schwanger und mittellos bei Philipp vor der Tür steht, bietet er ihr sofort seine Hilfe an.

Der Roman ist in drei Teile gegliedert: Philipp, Faina und Faina und Philipp. Zu Beginn lernt man daher nur Philipp kennen, zunächst als ausgegrenztes Kind, das verzweifelt einen Freund sucht und später als wohlhabender Mittzwanziger, der erneut eher isoliert zu sein scheint. Obwohl man zumindest mit dem Kind Mitleid empfindet, wirklich sympathisch ist der Charakter auch in dieser Phase nicht.
Faina bleibt noch unscharf, aber interessant. Sie ist das Flüchtlingskind, das sich in einem fremden Land neu orientiert und einlebt. Anfangs unsicher, dann zunehmend selbstbewusst und offen für neue Erfahrungen. Ihr familiärer Hintergrund ist ebenfalls schwierig, und tatsächlich trifft sie nicht immer die besten Entscheidungen.
Im dritten Teil geht es dann um die gemeinsame Zeit in Berlin, beginnend in der letzten Hälfte der Schwangerschaft. Die Gegensätze und unterschiedlichen Erwartungen werden immer deutlicher, die Konflikte nehmen zu.
Spätestens jetzt zeichnet sich ab, dass die Beziehung zwischen den Beiden auf eine Katastrophe zusteuert. Als Leser*in hofft man, dass der Absprung noch rechtzeitig geschieht, auch wenn die Eskalation das nicht erwarten lässt.

Mich hat dieser Roman nachhaltig beeindruckt, auch wenn er vielleicht ein wenig überfrachtet ist. Es werden so viele verschiedene Themen bearbeitet, die deutlich mehr Raum verdient hätten. Insbesondere das Ende empfand ich als zu komprimiert. Trotz dieser Einschränkung ist „Geordnete Verhältnisse“ sowohl sprachlich als auch inhaltlich absolut empfehlenswert.