Freundschaft- Liebe -Obsession- Hass

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lianne Avatar

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Das Buch beginnt mit einer rührenden Szene in der Kindheit von Philipp, der sich nur eines wünscht: einen besten Freund. Dieser wird kurz darauf in Form des ukrainisch-jüdischen Flüchtlingsmädchen Faina in sein Leben treten, die wie er Feuerrote Haare hat. Oft werden die beiden im Laufe des Buches für Geschwister gehalten, was sehr verdeutlicht, dass Philipp sein Gegenstück gefunden hat, um nicht mehr alleine in der Welt voller Hänseleien zu sein. Doch schon schnell merkt man, dass Philipp aufgrund seiner Erlebnisse, der alkoholkranken Mutter, einer Tante, die ihn als Kind als Genosse des Teufels bezeichnet, seiner Inkontinenz und Wutausbrüche, Faina manipuliert, um sie an sich zu binden. Aus Freundschaft wird im Laufe der Jahre eine fanatische Obsession. Und Faina, dank der strengen Erziehung, dem Druck die Beste zu sein, einem cholerischen Vater, entwickelt eine bipolare Störung, ein weiteres Fressen für Philipp, sie im Auge behalten zu müssen. Alles unter dem Deckmantel der Liebe.

Der erste Teil des Buches ist komplett aus der Sicht von Philipp, der zweite von Faina und der dritte wir von einem allwissenden Erzähler begonnen und wechselt sich danach in der ich Perspektive zwischen den beiden Protagonisten ab. Ein Kunstgriff, wie ich finde, da man so die Psyche der beiden sehr gut kennenlernt und hautnah miterlebt, wie sie nicht merken, in was für eine toxische Lage sie sich begeben.

Das Buch behandelt wichtige Themen, zeigt allzu deutlich, wie sich Dinge bereits in der Kindheit entwickeln, ergründet die Psyche und endet mit einem großen Knall, der zwar erdrückend spürbar wurde und dann doch sehr plötzlich kam.

Ausländerhass, Antisemitismus, häusliche Gewalt, die Incellbewegung und so vieles mehr sind Themen, die hier eindrucksvoll eingebunden werden. Klare Leseempfehlung, wenn man diese schwere Thematik und das heranwachsen eines aggressiven Geistes aushält. Sprachlich wunderbar gestaltet, dass man trotz der Schwere der Kost einen tollen Lesefluss hat.