Für immer zusammen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
schneeglöckchen_gk Avatar

Von

Faina kommt als Kind nach Deutschland und lernt in der Schule Philipp kennen. Die beiden freunden sich an und er bringt ihr Deutsch bei. Ob es der sehnliche Wunsch von Philipp ist, endlich einen Freund zu finden, kindliche Verbundenheit aufgrund des ähnlichen Aussehens oder ein gegenseitiges Verständnis für familiäre Schwierigkeiten, das lässt sich später nicht mehr festmachen. Jedenfalls entwickelt sich eine unfassbar enge Freundschaft zwischen den beiden. Während Faina für Philipp immer die Einzige ist, pflegt sie durchaus auch andere soziale Kontakte. Nach einem einschneidenden Ereignis kehrt Faina Philipp den Rücken und bricht den Kontakt für mehrere Jahre ab. Erst als sie sich schwanger und verschuldet in einer scheinbar ausweglosen Situation befindet, kommt sie zu ihm zurück.

Die Geschichte wird in drei Teilen erzählt, zuerst berichtet Philipp, dann Faina und im dritten Teil wechseln sie sich ab. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und sind aus der ich-Perspektive geschrieben. Nur in seltenen – aber bedeutsamen – Fällen wird der Sprecher zu einem auktorialen Erzähler. Der Schreibstil hat mir ganz wunderbar gefallen und ich habe das Buch in kürzester Zeit verschlungen.

Lana Lux gelingt es hervorragend die Dynamik der toxischen Beziehung zwischen Faina und Philipp nachzuzeichnen. Dabei ist kein Satz zu viel und kein Satz zu wenig.
Obwohl man von Anfang an weiß, dass die Geschichte mit „einer Beziehungstat aus Leidenschaft“ enden wird, gelingt es Lana Lux, dass die abzusehende Tat nicht ständig präsent ist. Ich konnte das bevorstehende Ende komplett ausblenden und mich der Erzählung hingeben. Und so kommt es, dass es immer wieder zarte Momente gibt, in denen man die Hoffnung hat, dass für die beiden jungen Menschen alles gut werden könnte. Man gibt sich bereitwillig der Illusion der Liebe hin. Philipp ist nicht von Anfang an Täter und trotzdem ist Vieles irgendwie schon immer da (oder auch nicht). Für mich gab es nicht den einen Punkt, an dem alles kippt, sondern die dauernde Ambivalenz der Charaktere und ihrer Beziehung zueinander, die diesen Roman so genial macht. Zum Ende hin entsteht eine regelrechte Abwärtsspirale und man kann sich dem Sog nicht mehr entziehen.

Die beiden Figuren sind sehr vielschichtig und bringen zahlreiche Themen mit, wie z.B. jüdische Kultur, Sexualität und Fetische, zerrüttete Familienverhältnisse, und vieles mehr. Dabei hatte ich nie das Gefühl, dass diese Themen irgendwie verzwungen eingebaut wurden. Sie wurden unprätentiös erzählt und passten für mich zu einer realistischen Figurenzeichnung.

Für mich ist das Buch mein bisheriges Jahreshighlight und ich kann eine klare Leseempfehlung für all diejenigen aussprechen, die präzise Erzählungen mit mehrdimensionalen Figuren lieben und sich vor der schmerzhaften Tragik des Stoffs nicht scheuen.