Genau meins

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
mikki44 Avatar

Von

Lana Lux ist seit vielen Jahren eine meiner Lieblingsautorinnen. „Kukolka“ hat mich damals trotz der inhaltlichen Dramatik total in Bann gezogen und auch nicht mehr losgelassen. „Jägerinnen und Sammlerinnen“ empfand ich im Anschluss als doch deutlich schwächer, aber bei ihrem dritten Buch „Geordnete Verhältnisse“ weiß ich wieder genau, warum mich ihr Schreibstil so begeistert.

Wenn die Rede von toxischen Beziehungen ist, werden meiner Meinung nach häufig romantische oder familiäre Beziehungen gemeint. Dass auch Freundschaften ein starkes Abhängigkeitsverhältnis und Machtstrukturen aufweisen können, beschreibt Lux anhand der freundschaftlichen Beziehung zwischen Philipp und Faina. Die beiden lernten sich in der Grundschule kennen und Philipp erkor sich Faina, die erst kürzlich mit ihrer Familie nach Deutschland zog, als seine neue und auch einzige beste Freundin. Über die Jahre hinweg waren die beiden unzertrennlich. Faina, aufgeschlossen, neugierig und lebensfroh, und Philipp, verschlossen, besitzergreifend und mit einem starken Fokus auf Faina, sind in ihrer Freundschaft sehr gegensätzlich und doch ergänzen sie sich scheinbar perfekt. Über einige Jahre besteht kein Kontakt zwischen beiden, da Philipp mit seinen Handlungen, nicht wie er es sagen würde, verantwortungsvoll und umsorgen für Faina ist, sondern sich sehr grenzüberschreitend und manipulierend darstellt. Als Faina schließlich in ihren Zwanzigern schwanger und ausweglos vor seiner Tür steht, nimmt er sie wieder bei sich auf und baut einen von der Außenwelt nahezu abgeschotteten Kokon um Faina, bis es letztendlich immer mehr eskaliert.

Beim Lesen einiger Rezensionen musste ich schmunzeln, da das neue Buch von Lana Lux als Modethema deklariert wird. Weil klar, Gewalt an Frauen, Femizide und toxische Beziehungen (oder wie man sie auch immer nennen möchte) sind ja nur eine Modeerscheinung. Ich empfinde es eher als gut, dass solche Bereiche in unserer Gesellschaft mehr ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt werden, auch wenn es in diesem Fall in Form eines Romans ist. Den Schreibstil von Lana Lux muss man mögen – wie bei allen anderen Autor:innen auch – ich mag aber ihre klare Art zu formulieren, dass nicht alle Situationen ins Detail ausformuliert werden und im Gegenteil auch die Fantasie (die manchmal ja durchaus schlimmer sein kann als das geschriebene Wort) angeregt wird. Sie greift auf beide Perspektiven zurück, wodurch die schwierige Thematik zwischen Machtungleichgewichten in Beziehungen und den damit einhergehenden Schuldgefühlen und -zuweisungen beim Lesen gefesselt hat. Einige Nebenthemen, die im Buch angesprochen werden, wie beispielsweise Fainas Bezug zu Religion, sind auf dem ersten Blick Beiwerk und für die Geschichte auch nicht besonders wichtig. Darüber kann ich aber getrost hinwegsehen, da das Buch für mich wirklich stark und authentisch war und den besonderen Nachhall hat, den ich bei Büchern von Lana Lux so mag. Mehr davon.