Geordnete Verhältnisse

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
missbibliophile Avatar

Von

Faina und Philipp kennen sich schon seit ihrer Kindheit und sind - mit Unterbrechungen genauso lange bereits beste Freunde. Beide stammen aus Familien, in denen keine "geordneten Verhältnisse" herrschen. Vor allem diese Tatsache hat sie zusammengeschweißt, bis Faina nach einer Tat Philipps ihn verlässt und für mehrere Jahre den Kontakt abbricht.
Als sie sich wiedersehen, scheint Philipps Leben perfekt zu sein: Eine Freundin, mehrere Eigentumswohnungen und sehr viel Geld, während Faina ungewollt schwanger, obdachlos und ohne einen Cent vor seiner Tür steht. Philipp nimmt sie auf und was als eine gute Tat eines guten Freundes scheint, offenbart sich als das Gegenteil, als Philipps kontrollierende und frauenfeindliche Natur immer mehr offenbar wird...
Ich habe den ersten Teil des Buches sehr genossen. Der Schreibstil der Autorin ist sehr eindringlich und wortgewaltig. Die Handlung interessant und die Figuren einnehmend. Obwohl man schon sehr früh eint, dass Philipp ganz und gar nicht die perfekte Figur ist, die er zu sein scheint, macht es Spaß, seine Gedanken zu lesen. Man erfährt sehr viel über ihn und über Faina aus seiner Sicht. Fainas Kapitel sind leider nicht so gut gelungen. Sie bleibt eine vage Person, zu der man als Leser*in immer in einer Distanz bleibt. Vermutlich liegt es auch an der Klischeehaftigkeit, mit der sie beschrieben wird. Dies wird auch in den letzten 20-30 Seiten des Buches deutlich. Plötzlich ändert sich der Schreibstil, wird gestelzt und "tell, don't show"-mäßig. Ich finde, 50 Seiten mehr hätten dem Buch nicht geschadet.
Was mir auch aufgefallen ist, sind die zeitlichen Ungereimtheiten. Faina wird im Januar 2012 schwanger (sie erwähnt auch das Jahr ihrer Mutter gegenüber) und ist aber im Sommer 2013 immer noch schwanger bei der Einweihungsparty. Auch sagt sie, dass ihr Baby ein Junge sei und plötzlich ist es doch ein Mädchen. Solche Kleinigkeiten mögen nicht wichtig sein im Großen und Ganzen, aber stören beim Lesen.