Toxisches Abhängigkeitsverhältnis

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buchstaeblichverliebt Avatar

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📌 "Mein Leben ist auf die Größe des Hauses geschrumpft, ich kann mich kaum noch erinnern, wie groß es mal gewesen ist." - S. 218

Es geht um Faina und Philipp.
Beide keine großen Sympathieträger, besonders er; ein richtiger Kotzbrocken, familiär negativ vorbelastet durch die alkoholkranke Mutter.
Dominant, herrisch, kontrollierend, übergriffig, zwanghaft, körperlicher Nähe gegenüber abgeneigt, insgesamt kein Menschenfreund.

Sie, eher unentschlossen, wankelmütig, immer zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt.
Kind strenger konventioneller ukrainisch-jüdischer Eltern, bisexuell, einerseits aufgeschlossen anderen und neuem gegenüber, andererseits nicht bereit sich von alten Gewohnheiten zu lösen.

Gemeinsamkeiten gibt es zwischen ihnen eigentlich keine, wenn man von den roten Haaren einmal absieht.

Diese beiden verstricken sich in eine Art von Beziehung, die ihm eine Machtposition und ihr zwangsläufig die Opferrolle aufdrückt, denn als bei Faina eine bipolare Störung diagnostiziert wird, wird die Unterdrückung durch Philipp immer schlimmer -
📌 "weil ich ja sein kleiner Psycho sei und er sich permanent um mich kümmern müsse." - S. 249

Es ist traurig lesen zu müssen, wie Faina dank ihrer ungewollten Schwangerschaft und des schlechten Verhältnisses zu ihren Eltern in die Abhängigkeit zu Phillip rutscht.
Erscheint er ihr erst wie ein Rettungsanker in ihrer misslichen Lage, wendet sich das Blatt im Laufe der Zeit und Philipp beginnt Besitzansprüche an Faina geltend zu machen, was auch Gewalt ihr gegenüber nicht ausschließt.

Als Faina endlich klar sieht und sich ihm schließlich - durch richterliche Verfügung und die Aufarbeitung der gesamten Lebensverhältnisse in Therapiestunden - entzieht, ist dies der Anfang vom Ende.

Nun sieht der verlassene Philipp sich in der Opferrolle, des armen Mannes, der stets alles für seine "große Liebe" getan hat.

Die kontinuierlich psychologische Sichtweise auf die Protagonisten hat mit gut gefallen.
Dinge wie zum Beispiel häusliche Gewalt, psychische Erkrankungen, Abtreibung, Alkohol- und Drogenkonsum, (sexuelle) Machtspiele etc. werden in dieser Geschichte umfassend thematisiert.
So kommt hier auf 287 Seiten ziemlich viel Inhalt zusammen.
Hat mir insgesamt gut gefallen, wenn ich auch leider das Ende im Verhältnis zum Rest der Story zu abrupt fand.

Eingeschränkte Leseempfehlung, aufgrund oben genannter Themen, die vielleicht nicht für jeden Leser gut zu ertragen sind.