Skandinavischer Krimi mit Tiefgang

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
books 4ever Avatar

Von

Im finnischen Küstenstädtchen Kristinestad wird der siebzehnjährige Jonas tot im Meer treibend aufgefunden. Als sich herausstellt, dass er ermordet wurde, ist die kleine Gemeinde zutiefst erschüttert. Die Journalistin Eevi Manner beginnt zu recherchieren und trifft dabei auf Kriminalkommissar Mats Bergholm, ihre Jugendliebe. Gemeinsam versuchen sie, den Mord aufzuklären, und decken dabei Abgründe auf, die weit in das soziale Gefüge der Stadt hineinreichen. Hinter der idyllischen Fassade von Kristinestad verbergen sich Themen wie Mobbing, Machtmissbrauch und soziale Ausgrenzung – Motive, die Kaisu Tuokko sensibel, aber eindringlich behandelt.

Der Schreibstil der Autorin ist dabei ruhig, atmosphärisch und detailreich. Besonders gelungen ist der Wechsel zwischen Ermittlungs- und journalistischer Perspektive, der der Geschichte zusätzliche Facetten verleiht. Tagebucheinträge und Rückblenden fügen sich stimmig ein und machen aus dem Krimi mehr als nur eine klassische Spurensuche. Auch die Figuren sind vielschichtig: Eevi kämpft mit ihrer Vergangenheit und persönlichen Verlusten, Mats mit familiären Belastungen. Diese Menschlichkeit sorgt für emotionale Nähe, auch wenn manche Nebenfiguren etwas blass bleiben.

Allerdings verliert die Handlung durch die vielen Details stellenweise an Tempo. Besonders die Passagen über das Privatleben der Hauptfiguren (insbesondere Eevis Gefühls- und Gedankenwelt) bremsen den Spannungsbogen. Die Auflösung und die Offenlegung des Motivs hinter der Tat haben mich wiederum überzeugen können. Das Ende ist berührend und gleichzeitig moralisch ambivalent.

Insgesamt ist „Gerächt sein sollst du“ ein atmosphärischer und psychologisch fein gearbeiteter Krimi, der mehr auf Zwischentöne als auf Effekte setzt. Leser*innen, die gerne skandinavische Spannung mit Tiefgang lesen, werden diesen Kriminalroman mögen. Ich bin schon gespannt auf die weiteren Bände der Reihe.