Ein Mann wächst mit seinen Aufgaben oder das Wunder von Braunschweig

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evelynmartina Avatar

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Nach der bekannten und unvergesslichen Liebesgeschichte von Emmi und Leo („Gut gegen Nordwind“ und „Alle sieben Wellen“) und einem Abstecher ins Krimi-Genre („Ewig Dein“) legt Daniel Glattauer seinem neuen Roman „Geschenkt“ nun eine wahre Begebenheit zugrunde, das sogenannte Wunder von Braunschweig.

Seit 2011 erhalten in Braunschweig und Umgebung soziale, vor dem Aus stehende Einrichtungen per Brief anonyme Finanzspritzen. Auch in Not geratene Einzelpersonen werden bedacht. Man vermutet, dass Zeitungsartikel, die auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen und den jeweiligen Spendenbriefen beiliegen, die nicht enden wollende Spendenserie auslösen.

In „Geschenkt“ spielt diese ursächliche Rolle der Wiener Journalist Gerold Plassek, Anfang 40 und vom Leben nicht gerade verwöhnt. Sein berufliches Dasein fristet er in einer Gratiszeitung, im Privaten ist er neben einigen gescheiterten Beziehungen dem Alkohol nicht ganz abgeneigt. Zu alledem muss er auch noch auf seinen 14-jährigen Sohn aufpassen, von dem er bis dato gar nichts wusste.

Daniel Glattauer lehnt sich in seiner Erzählung im Großen und Ganzen an die realen Vorgaben an und gibt dem Geschehen Schwung und Lebendigkeit, indem er nüchterne Tatsachen mit sympathischen Figuren verbindet. Er schafft es auf brillante Art und Weise, einen Anti-Helden zum Helden werden zu lassen, eine heranreifende Vater-Sohn-Beziehung darzustellen und zugleich die Spannung bis zum Ende zu halten, denn das Rätsel um den wahren Spender wird erst auf der letzten Seite gelöst.

Verschmitzt und gewieft, zynisch und zum Teil sarkastisch und dennoch nie oberflächlich zeigt sich der ureigene Erzähl- und Schreibstil des Autors, so dass das Lesen einfach nur Freude bereitet. Sätze wie "Schon der Gedanke an einen Gedanken daran war denkunmöglich." stammen eindeutig aus seiner Feder und sind typisch für den in meinen Augen ganz besonderen Schriftsteller. Kurze Kapitel mit prägnanten Überschriften regen außerdem zum Weiterlesen an.

Ich trauere ja immer noch Emmi und Leo hinterher. Trotzdem habe ich „Geschenkt“ sehr gern gelesen, mich gut unterhalten gefühlt und an keiner Stelle Langeweile verspürt.

Der Roman hat alles, was mein Leserherz begehrt: Eine vernünftige Handlung mit Hintergrund, liebenswerte Akteure, ein Hauch von Romantik, kluger Wortwitz und zu guter Letzt einen durchdachten Reigen, der eine anrührende Geschichte umschließt.