Denkanstoß Gesellschaftsspiel

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noiram Avatar

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"Gesellschaftsspiel" von Dora Zwickau ist für mich ein Buch, das man lesen sollte, wenn man sich für die spannenden Fragen unserer Zeit interessiert. Es verbindet auf gelungene Weise ein persönliches Familienschicksal mit großen gesellschaftlichen Themen und regt dabei zum Nachdenken an.
Das Besondere an diesem Buch ist definitiv die Art, wie Zwickau zwei Erzählstränge miteinander verwebt. Da ist zum einen die Geschichte der Schwestern Isabelle und Annika, die zusammen mit ihrer Tante Dagmar am Sterbebett der Mutter aufeinandertreffen. Hier geht es um alte Verletzungen, das Wiederfinden und die Komplexität familiärer Bande – ein emotionaler Anker der Geschichte. Parallel dazu entfaltet sich in Weimar ein höchst aktuelles Experiment: Ein Tech-Milliardär will die Demokratie mit einer innovativen App namens "Syndicate" revolutionieren. Diese Kombination aus dem Kleinen, Persönlichen und dem Großen, Gesellschaftlichen fand ich außerordentlich packend.
Dora Zwickaus Schreibstil ist dabei sehr angenehm und zugänglich, sodass man leicht in die Geschichte eintauchen kann. Besonders hervorzuheben ist die Art, wie sie die Perspektiven der drei Frauen wechselt und dies durch die Integration von Chats, Interviews und Social-Media-Kommentaren ergänzt. Das verleiht dem Roman eine enorme Aktualität und Lebendigkeit, die das Leseerlebnis sehr dynamisch macht. Man fühlt sich direkt in die digitale Welt und die Debatten unserer Gegenwart hineinversetzt.
Auch wenn ich mir an manchen Stellen vielleicht noch eine etwas tiefere emotionale Verbindung zu den Charakteren gewünscht hätte, überwiegt doch klar der Mehrwert, den "Gesellschaftsspiel" durch seine klugen Gedanken liefert. Die angesprochenen Themen wie der Einfluss der Digitalisierung, Fragen der Macht und die Zukunft der Demokratie sind hochrelevant. Das Buch bietet hier reichlich Stoff zum Diskutieren und Reflektieren, ohne dabei belehrend zu wirken. Es wirft eher Fragen auf, als Antworten zu liefern, was ich als Stärke empfinde, da es den Leser aktiv zur Auseinandersetzung einlädt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass "Gesellschaftsspiel" ein lesenswertes Buch ist, das vielleicht nicht mit einem "Knall" endet, aber dafür nachhaltig im Gedächtnis bleibt. Es ist ein intelligenter Roman, der unsere Gesellschaft und die damit verbundenen Herausforderungen aufmerksam beleuchtet. Wer gern Bücher liest, die nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen und relevante Fragen unserer Zeit aufgreifen, wird hier definitiv fündig. Es ist ein Stück Gegenwartsliteratur, das zum Nachdenken anregt und den Blick schärft.