Die Zukunft beginnt in Weimar, leider nur bis zur Planungsphase - Ein Roman am Puls der Zeit
Es gibt Aufregung in der Techbranche. Der Milliardär "Double Z" wählt eine Stadt aus, um ein Demokratie-Experiment zu starten und eine Gesellschaft zu bilden, die allein vom Willen der Bewohner gesteuert wird. Seine Wahl fällt dabei auf Weimar. Hier haben die Schwestern Isabelle und Annika jedoch eigentlich ganz andere Sorgen. Zusammen mit ihrer Tante Dagmar kommen sie am Sterbebett der Mutter zusammen, die nach einem Schlaganfall bereits hirntot ist. Da kommt die App von Double Z zur Neugestaltung als Ablenkung gerade recht. Lediglich Annika, die selbst mit einem Entwickler zusammen ist, hält sich zunächst davon fern, doch bald ergreift die Faszination die ganze Stadt und darüber hinaus.
Ich finde den Titel dieses Romans absolut passend und sehr gut gewählt. Dies ist eine Geschichte über Menschen, die so viel Geld haben, dass sie aus Langeweile mit unseren Gesellschaftssystem spielen. Wer ein bisschen in die Materie einsteigt, wird schnell darauf stoßen, welche zynischen Ideen die Tech-Milliardäre für die heutige Menschheit haben. Das reicht von den sogenannten Freedom-Cities bis zu Seasteading; Versuche, Gesellschaften außerhalb jeglicher Regierungen und damit Gesetzessysteme zu schaffen. In der Rolle der Politiklehrerin diskutiert Isabelle die Bedeutung mit ihren Elftklässler:innen und Dagmar als Soziologie-Dozentin mit ihren Studierenden. Dabei werden wichtige Dimensionen beleuchtet und vor allem im Kontext von Isabelles Schulklasse auch das Dilemma des Rechtsrucks thematisiert. Beides sind passende Kontexte, sodass die Diskussionen vielleicht etwas akademisch, aber nicht unpassend wirken. Die Figuren sind weitestgehend überzeugend, wobei gerade Annika aus der Entwickler-Blase etwas blass bleibt. Einige persönliche Nebenschauplätze waren vielleicht auch überflüssig. Aber die Entwicklung der Geschichte insgesamt ist realistisch und absolut zeitgenössisch. Die Autorin thematisiert ein hochaktuelles und realistisches Szenario, von der App-Sucht vieler Beteiligter bis hin zum unvermeidbaren Shitstorm. Stilistisch wechselt die Geschichte dabei zwischen den Perspektiven der drei Frauen der Familie, unterbrochen von "Transkripten" aus Tech-Podcasts und verschiedenen Chatgruppen. Was mich jedoch von Anfang an störte, war das völlig altbackene Cover. Zu einem gewissen Maß ist dieser Roman ein hochmoderner Tech-Roman und sollte unbedingt moderner gestaltet und vermarktet werden (wie beispielsweise seinerseits "Der Circle"). Enttäuscht war ich auch in dem Moment, als mir klar wurde, dass der Roman nicht über die Planungsphase der neuen Gesellschaft hinaus gehen wird. Eventuell könnte hier ein zweiter Teil folgen, aber ich hätte mir hier mehr "Mut" gewünscht, das Gedankenexperiment weiterzuführen und das neue Weimar weiterzuspinnen.
Insgesamt hat mir der Roman aber gut gefallen und ich finde ihn hochaktuell und sehr wichtig. Für mich spielt er in einer Liga mit "Das große Spiel" von Richard Powers, auch wenn nicht alle meine Erwartungen erfüllt wurden. Dieser Roman stößt wichtige Fragen an und liefert teilweise auch eigene Antworten. Wirklich lesenswert.
Ich finde den Titel dieses Romans absolut passend und sehr gut gewählt. Dies ist eine Geschichte über Menschen, die so viel Geld haben, dass sie aus Langeweile mit unseren Gesellschaftssystem spielen. Wer ein bisschen in die Materie einsteigt, wird schnell darauf stoßen, welche zynischen Ideen die Tech-Milliardäre für die heutige Menschheit haben. Das reicht von den sogenannten Freedom-Cities bis zu Seasteading; Versuche, Gesellschaften außerhalb jeglicher Regierungen und damit Gesetzessysteme zu schaffen. In der Rolle der Politiklehrerin diskutiert Isabelle die Bedeutung mit ihren Elftklässler:innen und Dagmar als Soziologie-Dozentin mit ihren Studierenden. Dabei werden wichtige Dimensionen beleuchtet und vor allem im Kontext von Isabelles Schulklasse auch das Dilemma des Rechtsrucks thematisiert. Beides sind passende Kontexte, sodass die Diskussionen vielleicht etwas akademisch, aber nicht unpassend wirken. Die Figuren sind weitestgehend überzeugend, wobei gerade Annika aus der Entwickler-Blase etwas blass bleibt. Einige persönliche Nebenschauplätze waren vielleicht auch überflüssig. Aber die Entwicklung der Geschichte insgesamt ist realistisch und absolut zeitgenössisch. Die Autorin thematisiert ein hochaktuelles und realistisches Szenario, von der App-Sucht vieler Beteiligter bis hin zum unvermeidbaren Shitstorm. Stilistisch wechselt die Geschichte dabei zwischen den Perspektiven der drei Frauen der Familie, unterbrochen von "Transkripten" aus Tech-Podcasts und verschiedenen Chatgruppen. Was mich jedoch von Anfang an störte, war das völlig altbackene Cover. Zu einem gewissen Maß ist dieser Roman ein hochmoderner Tech-Roman und sollte unbedingt moderner gestaltet und vermarktet werden (wie beispielsweise seinerseits "Der Circle"). Enttäuscht war ich auch in dem Moment, als mir klar wurde, dass der Roman nicht über die Planungsphase der neuen Gesellschaft hinaus gehen wird. Eventuell könnte hier ein zweiter Teil folgen, aber ich hätte mir hier mehr "Mut" gewünscht, das Gedankenexperiment weiterzuführen und das neue Weimar weiterzuspinnen.
Insgesamt hat mir der Roman aber gut gefallen und ich finde ihn hochaktuell und sehr wichtig. Für mich spielt er in einer Liga mit "Das große Spiel" von Richard Powers, auch wenn nicht alle meine Erwartungen erfüllt wurden. Dieser Roman stößt wichtige Fragen an und liefert teilweise auch eigene Antworten. Wirklich lesenswert.