Digitale Demokratie und politische Experimente

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In "Gesellschaftsspiel" erzählt Dora Zwickau von drei Frauen, die durch einen familiären Schicksalsschlag in ihrer Heimatstadt Weimar wieder aufeinandertreffen. Parallel wird Weimar zum Schauplatz eines gesellschaftlichen Experiments. Ein Tech-Unternehmer testet eine App, die Bürgerbeteiligung und Demokratie neu denken will. Die Handlung verbindet private Probleme mit politischen Fragen über Macht, Kontrolle und Teilhabe in einer digitalen Welt.

Der Roman wechselt zwischen klassischer Erzählform und neuen Medien wie Chats, Podcast-Transkripten oder Social-Media-Kommentaren. Diese Struktur wirkt zeitgemäß und gibt dem Text einen dokumentarischen Charakter, kann aber auch den Lesefluss unterbrechen.

Die drei Protagonistinnen, eine Lehrerin, eine Rückkehrerin aus den USA und eine Soziologin, bieten unterschiedliche Perspektiven auf die politische Entwicklung, bleiben in ihren jeweiligen Personen aber eher distanziert. Auch familiäre Konflikte wirken dadurch eher oberflächlich erzählt.

Stilistisch ist der Text klar, ruhig und fast sachlich gehalten. Zwickau verzichtet auf große Dramatik und fokussiert sich auf Reflexion und Analyse. Das passt zum thematischen Anspruch, schafft aber wenig Atmosphäre.

Insgesamt ist "Gesellschaftsspiel" kein klassischer Unterhaltungsroman, sondern ein durchdachtes Gedankenexperiment. Wer sich für Fragen rund um Demokratie, Digitalisierung und gesellschaftlichen Wandel interessiert, findet hier viele Denkanstöße in einer literarisch anspruchsvollen, stellenweise sperrigen Form.