Gesellschaft der Zukunft?

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Die Schwestern Isabelle und Annika sowie ihre Tante Dagmar verbinden zunächst nur wenige Gemeinsamkeiten. Als Gabi, deren Mutter beziehungsweise Schwester, einen Schlaganfall erleidet und im Sterben liegt, müssen sich die drei Frauen notgedrungen zusammenfinden.

Annika lebt in den USA und ist aufgrund der zunehmenden Ausländerfeindlichkeit und rassistischen Tendenzen in Deutschland sehr kritisch gegenüber ihrem Heimatland.
Isabelle ist Lehrerin und alleinerziehende Mutter. Sie ist engagiert, aber auch ständig am Limit durch die Mehrfachbelastungen. Dagmar lehrt an der Uni Soziologie, hat aber in lebenspraktischen Belangen ausgesprochene Defizite.

In die emotional schwierige Situation platzt die Meldung über ein Experiment, das ausgerechnet in ihrer Stadt Weimar stattfinden soll. Der amerikanische Tech-Milliardär und Spiele-Erfinder „Double Z“ hat die geschichtsträchtige Stadt im Osten Deutschlands auserkoren, um ein neues Gesellschaftsmodell per App zu testen. Die BewohnerInnen bestimmen direkt über die App Syndicate mit, schwerfällige Entscheidungsprozesse fallen weg. Eine ganze Stadt wird zum Testfall für die Gesellschaft der Zukunft.

Die Reaktion der drei Frauen fällt ganz unterschiedlich aus. Annika bleibt zunächst eher emotionslos, auch wenn ihr Freund Wang absolut begeistert ist. Dagmar versucht die Idee mit ihrem sozialwissenschaftlichen Hintergrund in allen Facetten zu durchdringen und Isabelle setzt sich gemeinsam mit ihren Schülern mit der App auseinander.

Stilistisch ist der hochaktuelle Roman nicht ganz einfach zu fassen. Das eigentlich emotional belastende Familiengeschehen rückt ein bisschen zu sehr in die Hintergrund. Hinzu kommen die eingestreuten Social Media Posts, die zwar gut zu dem Thema des Romans passen, den Lesefluss aber unterbrechen und bewusst stören.

Trotz einiger Schwächen ist der Roman empfehlenswert aufgrund seiner aktuellen Thematik. Es ist zwar Fiktion, aber erschreckend realistisch und die Handlung regt definitiv zum Nachdenken an.