Mehr Drama als gedacht beim harmlosen Spiel

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michiii Avatar

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„Gesellschaftsspiel“ von Dora Zwickau ist ein ruhiger, aber fesselnder Roman, der einen ziemlich intensiven Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen wirft – und das auf sehr treffende, manchmal unangenehm ehrliche Weise. Die Geschichte spielt größtenteils an einem einzigen Abend unter Freunden, bei dem ein eigentlich harmloses Gesellschaftsspiel nach und nach alles andere als harmlos wird. Alte Konflikte, Eifersüchteleien und unausgesprochene Dinge kommen ans Licht – und das Ganze entwickelt sich fast wie ein Kammerspiel. Was mir besonders gut gefallen hat: Die Figuren sind richtig gut beobachtet. Niemand ist nur nett oder nur nervig – alle haben ihre Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen. Man hat das Gefühl, man könnte diese Leute genauso bei einem echten Spieleabend treffen. Der Schreibstil ist angenehm direkt, manchmal fast ein bisschen trocken, aber genau das passt super zur Atmosphäre, die sich nach und nach zuspitzt. Kritik habe ich aber auch: Im Mittelteil hatte ich kurz das Gefühl, dass sich manches etwas wiederholt. Es passiert keine großen Wendungen, sondern die Spannung entsteht eher im Kleinen, zwischen den Zeilen. Das ist spannend, aber es zieht sich zwischendurch ein bisschen. Außerdem hätte ich mir am Ende ein bisschen mehr Klarheit gewünscht – ein, zwei Fragen bleiben offen, was sicher gewollt ist, aber trotzdem leicht unbefriedigend war. Trotzdem: Wer ruhige, psychologisch dichte Geschichten mag, wird hier sicher auf seine Kosten kommen. Kein Pageturner im klassischen Sinn, aber ein Buch, das nachwirkt. Von mir gibt es 3,75 von 5 Sternen.