Ganz schön gruselig

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druckdeufel Avatar

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Der Junge Tom hat Angst vor dem dunklen Keller des Mehrfamilienhauses, in dem er mit seinen Eltern und der älteren Schwester Lola wohnt. Wenn seine Mutter ihn hinunterschickt, um etwas aus dem Vorrat hochzuholen, muss er sich mit aller Kraft überwinden. Doch als ihm eines Tages dort ein weiß-grünliches Gespenst begegnet, das klebrigen Schleim absondert und ihm seine kalten Finger um den Hals legt, verfällt er in heillose Panik. Niemand außer seiner Großmutter glaubt ihm. Und die hat vielleicht sogar eine Lösung.
Cornelia Funke hat diese Geschichte schon 1993 geschrieben. Die nun erschienene Neuauflage ist recht gruselig illustriert von Franziska Blinde.
Es ist deutlich zu spüren: Der Zeitgeist war in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts ein anderer als heute. Die Erwachsenen gehen recht unsensibel mit ihrem Sprössling um, die Beziehung zur Schwester erscheint nahezu feindselig. Und für die Beschreibungen der übersinnlichen Begegnungen sind starke Nerven hilfreich.
Auch der Schreibstil wirkt leicht veraltet, das hat aber durchaus seinen Reiz und ist äußerst vorlesegeeignet. Wenn Gespenst Hugo seinen Sprechfehler konsequent durchzieht, haben sicher viele jungen Leser* und Zuhörer*innen ihren Spaß. Auch das Verzeichnis der Gespensterjäger-Abkürzungen am Ende offenbart die Freude, die die Autorin an der Sprachvermittlung hat.
Natürlich gelingt es Tom, seine Angst zu überwinden, und entwickelt sich damit zu einem kleinen Helden. Er macht vor, wie man über sich selbst hinauswachsen und dadurch Selbstvertrauen gewinnen kann. Und am Schluss teilt man ihm die Schadenfreude über einen besonderen Triumph: Die Schwester, die ihn so gerne drangsaliert und verhöhnt hat, wird auf Grund eines ganz besonderen Erlebnissen ganz kleinlaut.
Dieser erste Band der Reihe „Gespensterjäger“ mag eine feste Größe in der Kinderliteratur erlangt haben, doch sollte man das Kind kennen, dem man es in die Hand drückt oder vorliest, und versuchen einzuschätzen, ob es den Inhalt gut wird verarbeiten können.