Eindrücklich geschildert, aber mit Längen
In Arno Franks neuem Buch geht es um eine fiktive Stadt in Deutschland: Ginsterburg. Deren Bewohner*innen, von der Inhaberin des Buchladens, über einen Journalisten und einen Blumenhändler bis zum Großindustriellen, und ihre Angehörigen begleiten die Leser*innen hier von den Anfängen der nationalsozialistischen Herrschaft (ab 1935) bis zu ihrem Ende 1945. Zwischendurch gibt es größere Zeitsprünge von immer etwa 4 Jahren, die jedoch das Verständnis der Entwicklung nicht einschränken. Sprachlich legt sich der Autor sehr ins Zeug, drückt sich sehr gewählt, manchmal fast umständlich aus, so dass man sich doch beim Lesen sehr konzentrieren muss. Für mich vermittelte das den Eindruck eines Deutschlands der Dichter und Denker, das hier systematisch an den Rand des Abgrunds geführt wird. Dabei schafft es Arno Frank jedoch, die verschiedensten Reaktionen der Menschen auf das neue System einzufangen. Da sind Menschen, die sich darin sofort einfügen, weil sie Vorteile für sich sehen oder mit dieser Gesinnung übereinstimmen, andere sträuben sich zunächst, können sich aber auf lange Sicht dem System nicht entziehen. Wieder andere kämpfen um ihre Freiheiten, gehen am System kaputt oder rutschen auf verschiedenste Arten mit hinein. Besonders bestürzt hat mich dabei z.B. das Schicksal einer Frau, die in Berlin mit einem Juden verheiratet ist, bis dieser von den Nazis abgeholt wird, woraufhin sie Zuflucht bei ihrer Schwester in Ginsterburg sucht, aber immer hofft, ihren Mann lebend wiederzusehen und vollkommen abdriftet. Oder das des Sohnes der Buchhändlerin, der seine Liebe zum Fliegen erst bei der HJ entdeckt und so zum Flieger-Ass wird, das im Krieg unentbehrlich wird. Alle sind ganz normale Leute, bis die Diktatur und der Krieg ihre Leben mehr oder weniger ins Chaos stürzt.
Diese Schicksale sind sehr eindrücklich geschildert und machen betroffen, manchmal auch wütend. Allerdings verliert sich der Autor auch nicht selten in nichtigen Kleinigkeiten, die für die Geschichte eigentlich kaum eine Rolle spielen. Dadurch gibt es hin und wieder Längen in der Erzählung. Zudem steuert Arno Frank für meine Begriffe die Sympathien oder Antipathien für manche Charaktere durch die gegebenen Informationen sehr und dann wirkt das Ganze auch mal zu konstruiert. Alles in allem fühlt man jedoch die Zwänge, denen viele der Bürger*innen unterliegen, welche jedoch niemals eine Entschuldigung für ihr Handeln sein darf. Wirkliche Widerständler*innen gibt es nicht und das kommt der Wahrheit - auch wenn viele diese nicht sehen wollen - sehr nahe. Der Roman kommt zwar zur "rechten" Zeit, dass er jedoch etwas bewirken kann, glaube ich nicht. Selbst wenn das Schicksal Ginsterburgs und seiner Bürger*innen am Ende nur schwer zu ertragen ist. 4 Sterne
Diese Schicksale sind sehr eindrücklich geschildert und machen betroffen, manchmal auch wütend. Allerdings verliert sich der Autor auch nicht selten in nichtigen Kleinigkeiten, die für die Geschichte eigentlich kaum eine Rolle spielen. Dadurch gibt es hin und wieder Längen in der Erzählung. Zudem steuert Arno Frank für meine Begriffe die Sympathien oder Antipathien für manche Charaktere durch die gegebenen Informationen sehr und dann wirkt das Ganze auch mal zu konstruiert. Alles in allem fühlt man jedoch die Zwänge, denen viele der Bürger*innen unterliegen, welche jedoch niemals eine Entschuldigung für ihr Handeln sein darf. Wirkliche Widerständler*innen gibt es nicht und das kommt der Wahrheit - auch wenn viele diese nicht sehen wollen - sehr nahe. Der Roman kommt zwar zur "rechten" Zeit, dass er jedoch etwas bewirken kann, glaube ich nicht. Selbst wenn das Schicksal Ginsterburgs und seiner Bürger*innen am Ende nur schwer zu ertragen ist. 4 Sterne