Als das Grauen in die Eifel kam

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
europeantravelgirl Avatar

Von

Die Schrecken des 1. Weltkriegs trägt Albert Lintermann in der Seele und auf seinem entstellten Gesicht, als er 1919 in sein Heimatdorf in der Eifel zurückkehrt, auf den Hof der Familie. Während seine Eltern dankbar sind, dass er im Gegensatz zu seinem besten Freund überhaupt noch am Leben ist, wendet sich seine Ehefrau Bertha entsetzt von ihm ab. Doch in Wollseifen muss das Leben nach dem Krieg weitergehen. Das karge Leben in der Eifel mit ihren steinigen Böden bringt auch raue Charaktere hervor, doch wenn es darauf ankommt, hält die Dorfgemeinschaft zusammen.

Wir begleiten Albert und das ganze Dorf Wollseifen in drei Abschnitten durch den Roman, nämlich 1919 bis 1928, in dem sich das Dorf und die Familie vom Krieg erholen und heilen. Der Abschnitt von 1930 bis 1939 bringt den Schrecken der Nazis nach Wollseifen, und im letzten Abschnitt von 1939 bis 1949 wird letztendlich der Untergang besiegelt.

Das Leben und die rauen, aber herzlichen Dorfbewohner in Wollseifen fand ich hervorragend geschildert. Da sitzen doch einige Charakterköpfe im Wirtshaus bei Silvio beisammen. Keine Feingeister, sondern Eifelbauern und Handwerker, die allesamt zupacken müssen, um in dieser abgelegenen Gegend zu überleben. Da wird geboren und gestorben, wiederaufgebaut und fortgeführt. Einzig der Lehrer sorgt in eingeschobenen Auszügen aus seinem Tagebuch für differenziertere Betrachtungen. Schlagartig ändert sich alles, als Wollseifen in den Fokus der Nazis gerät. Die Stimmung im Dorf schlägt um, und die plötzliche Bedeutung der Region stellt sich alsbald als Fluch heraus.

Für mich war sehr anschaulich die Fassungslosigkeit herausgearbeitet, mit der der kriegsversehrte Albert einem neuen Krieg gegenübersteht, in dem nun plötzlich seine Söhne das gleiche Leid wie er durchleiden müssen. Das Eifeldorf und die Umgebung fand ich hervorragend geschildert. Auch die Charaktere empfand ich als authentisch für Region und Zeit. Den zurückhaltenden Schreibstil fand ich für dieses Setting genau richtig; er trug für mich wesentlich zur nüchternen Atmosphäre bei. Dass dem Roman eine wahre Begebenheit zugrunde liegt, habe ich erst aus dem Nachwort erfahren, und dies hat mich fassungslos zurückgelassen.

Klare Leseempfehlung für dieses Stück Zeitgeschichte!