Beeindruckende Geschichte über ein kleines Dorf in der Eifel

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monika85 Avatar

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"Ginsterhöhe" ist mein erstes Buch von Anna-Maria Caspari. Das schöne und schlichte Cover spiegelt die Zeit wider, um die es in dem Buch geht, der Klappentext sprach mich an, und ich bin nicht enttäuscht worden.

Der historische Roman verknüpft die Geschichte des Dorfes Wollseifen, das es tatsächlich gegeben hat, mit dem Leben der Dorfbewohner.
Im Zentrum der Handlung steht der junge Bauer Albert Lintermann. Wir schreiben das Jahr 1919, als er aus dem Krieg in sein kleines Heimatdorf in der Eifel zurückkehrt. Er ist nicht nur körperlich versehrt und abgemagert, auch die erlittenen Kriegstraumata belasten ihn. Der Empfang auf dem Bauernhof durch seine Ehefrau Bertha ist eher frostig. Er ist nicht mehr der gutaussehende Mann, in den sie sich vor Jahren verliebt hatte. Bertha fühlt sich von seinem entstellten Gesicht abgestoßen, und das zeigt sie ihm. Im Laufe der Zeit kommen die beiden sich wieder näher, und die Kunst der Wiederherstellungschirurgie verhilft Albert nicht nur zu einem fast normalen Aussehen, sondern auch zu mehr Selbstbewusstsein.
Eine weitere tragende Rolle in dem Roman spielt Leni, die junge Verlobte von Alberts Freund Hennes, der während des Krieges ums Leben gekommen ist.

Das Dorfleben ändert sich gravierend, als Hitler Reichskanzler wird und auf Anregung des Gutsbesitzers Johann Meller in der Nähe ein Reichsschulungszentrum errichtet wird .....

Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert und umfasst den Zeitraum zwischen 1919 und 1949.
Im ersten Teil beschreibt die Autorin die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Ersten Weltkrieg. Es sind harte Jahre, das Geld verliert ständig an Wert, und die Dorfbewohner kämpfen ums Überleben.
Der Schwerpunkt des zweiten Teils liegt auf der politischen Situation der dreißiger Jahre. Hitler ist Reichskanzler, und auch im Dorf treten Bewohner in die NSDAP ein. Durch den Bau des Reichsschulungszentrums erlangt Wollseifen einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Der dritte Teil behandelt die Kriegsjahre und die Jahre danach. Obwohl viele Dorfbewohner Angehörige durch Luftangriffe und Kriegseinsätze verloren haben, bleibt ihr Wunsch, Wollseifen wieder aufzubauen, ungebrochen.

Das Buch mit seinem geschichtlichen Hintergrund ist packend geschrieben und hervorragend recherchiert. Es hat mir sehr gut gefallen, ich mochte den ruhigen und sprachlich sehr ansprechenden Erzählstil. Der Autorin ist es gelungen, die Charaktere authentisch und lebensnah zu zeichnen. Es fehlte mir allerdings an Emotionen, die findet man höchstens zwischen den Zeilen. Die Handlung beinhaltet die Ereignisse von drei Jahrzehnten, daher gibt es viele Zeitsprünge. Über einige Protagonisten hätte ich gern mehr gelesen, z.B. über Hildegard und den Lehrer Martin Faßbender, der in seinen interessanten Tagebuchaufzeichnungen über seine Ansichten und Erlebnisse, das Dortleben sowie die Geschehnisse der damaligen Zeit Zeugnis ablegte.
Sehr gut gefallen hat mir auch die ausführliche Schilderung des täglichen Lebens vor 100 Jahren auf einem Bauernhof mit allen Gegebenheiten und auch Schwierigkeiten, mit denen die Bauern zu kämpfen hatten.

Im Nachwort wird verraten, dass "Ginsterhöhe" der erste Teil einer Trilogie ist. Ich freue mich auf den nächsten Band!