Ungewöhnlicher Thriller, großartiger Erzählstil

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Wenn man von Missbrauchsfällen hört, fragt man sich, wie Eltern ihren Kindern solche Dinge antun können, ganz egal, wie die im Einzelnen aussehen. Erhalten wir in diesem Buch Antworten darauf? Kann die Autorin eine authentische Darstellung einer solchen beispielhaften Situation kreieren? Und über 400 Seiten die Spannung aufrechterhalten? Wir wissen schließlich, dass Alexandra entkommen ist, auch wenn, wie man später liest, die Zeit deutliche Spuren in ihrem Leben hinterlassen hat.

Der Einstieg ins Buch war eine surreale Erfahrung, zu lesen wie die Gefängnisleiterin, die Seelsorgerin und der Anwalt mit Alexandra umgehen... Ich denke, dass doch jeder sich eigentlich ausmalen kann, wie die zu ihrer Mutter stand, nach allem, was sie erlebt hat? Wie könnte es anders sein?

Die scheinbar strenge Religiosität der Eltern überzeugt mich noch nicht ganz, weil sie mir wie ein Klischee vorkommt. Gleichzeitig wird impliziert, dass die Kinder nicht immer in so schlimmen Verhältnissen gelebt haben und man fragt sich, was dazu geführt hat. Ich finde es eine interessante Facette, dass das Buch sich auch damit beschäftigt, wie der Missbrauch sich auf Alexandras Sexualleben ausgewirkt hat. Und obwohl ich mir nicht vorstellen kann, worum genau es in diesem Thriller gehen soll - nur Aufarbeitung und Nacherzählung der Kindheit und Flucht? - beschäftigt mich jedes gelesene Wort und ich bin schon ganz in dem Text versunken, weil er einfach so geschrieben ist, dass er einen gefangen nimmt. Ich empfinde Alexandra als authentische Figur und auch die Dialoge waren lebensnah und nicht so steif wie oft in Krimis oder Thrillern. Das ist ein Buch, das man einfach weiterlesen und von dem man sich überraschen lassen muss, wohin es einen am Ende führt.