Ein Buch, das Bauchschmerzen hinterlässt

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Normalerweise ist es klar, Eltern schaden ihren Kindern nicht – doch es gibt Ausnahmen. Von einer dieser Ausnahmen erzählt Abigail Deans „Girl A“, das die Geschichte Alexandra Gracies, respektive Girl A, erzählt: Sie und ihre Geschwister wurden von ihren Eltern sowohl seelisch als auch physisch gequält. Doch es gelang ihr, sich von dieser grauenvollen Kindheit zu lösen bzw. sie zumindest zu verdrängen, bis ihre Mutter im Gefängnis stirbt und sie das Elterhaus, ihr ehemaliges Gefängnis, erbt, sodass ihre Vergangenheit wieder hochkocht: Konfrontationstherapie par excellence …

Das Buch wird als Thriller kategorisiert, doch damit beginnen meine Bauchschmerzen. Denn das passt m. E. nur bedingt, es scheint mir eher ein Psychogramm einer zugegebenermaßen alptraumhaften Kindheit/Jugend. Das ist zwar psychologisch geschickt gemacht, aber eben kein Thriller und das obwohl das Buch durchaus nicht unspannend geschrieben ist, weil der Leser immer nur Informationshäppchen erhält, schon allein durch die wechselnde Perspektive der Geschwister. Insofern ist das Buch nicht schlecht geschrieben und lässt sich weitgehend flüssig lesen, jedoch eben nur weitgehend, weil es Passagen gibt, die wegen der nicht linearen Erzählweise (die ich durchaus schätze) wiederholt gelesen werden müssen, um sie korrekt einzuordnen bzw. die schlicht „harter Tobak“ (auch so ein Bauchschmerzpunkt) sind. Es gibt sogar die eine der andere geradezu als brillant zu bezeichnende Idee, wie etwa dass Dean ihre Protagonistin abgekürzt Lex (Gesetz) nennt und Anwältin sein lässt – Kämpferin für das Recht und Verteidigerin der Schwachen/Beschuldigten – ist ein recht eleganter Kniff. Doch was aufwühlend sein könnte bzw. sollte, ging mir aufgrund der gesamten Anlage der Geschichte vielleicht auch der anhand des Genres „Thriller“ geweckten und nicht eingehaltenen Erwartungshaltung wie auch der doch einfachen Sprache wegen streckenweise ziemlich auf den Geist. Letztlich blieb die einzige Person, die mir rundweg sympathisch war, die Gefängnisdirektorin und deren Auftritt ist zu kurz, als dass sie irgendwas rausreißen könnte. Ist die Erwartungshaltung eine andere bzw. wird man mit den Figuren und ihrem Schicksal warm, dürfte die Bewertung anders ausfallen, für mich gerade mal Durchschnitt (aufgerundete 2,5 Sterne).