Erinnerungen an das Horrorhaus

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ute54 Avatar

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Alexandra Gracie hat es als 15-Jährige geschafft, sich von ihren Ketten zu befreien und aus dem Horrorhaus ihrer Eltern zu fliehen. Jetzt, nach 15 Jahren, sie ist inzwischen Anwältin, wird sie wieder qualvoll mit ihren Erinnerungen konfrontiert, denn sie wurde nach dem Tod ihrer Mutter im Gefängnis als Testamentsvollstreckerin eingesetzt und muss deshalb jedes ihrer Geschwister kontaktieren, obwohl der Kontakt oft sehr lange unterbrochen war. Lex schwebt es vor, eine fröhliche Begegnungsstätte aus ihrem Elternhaus zu machen. Dafür benötigt sie Zuschüsse und das Einverständnis aller Geschwister.
In Vor- und Rückblenden, auch auf unterschiedlichen Vergangenheitsstufen, lässt Abigail Dean ihre Protagonistin von ihrem Leben berichten, das sehr plastisch für den Leser beschrieben wird. Sie schildert die grauenvollen Zustände im Horrorhaus, die durch die übersteigerte Religiosität der Eltern letztendlich in einen gestörten Wahn übergehen, die Entbehrungen, Misshandlungen, Grausamkeiten, den Dreck, den Hunger, die Schmerzen und die allgemeine Verwahrlosung. Der Vater wird immer mehr zu einem Monster und untersagt den Schulbesuch sowie den Kontakt zu anderen Menschen. Die Mutter ist ihm völlig hörig und unterwürfig. Auf sein Drängen muss sie 7 Kinder gebären.Nach der Befreiung durch Lex erhält jedes Kind einen Codenamen ( Lex ist Girl A) und wird von anderen Familien adoptiert.
Das Werk macht auch deutlich, wie die einzelnen Geschwister ihr Leben bisher bewältigt haben, mal mehr, mal weniger erfolgreich, jedoch wird auch offenbar, dass ein Überlebender zwar weiterleben kann, jedoch niemals in der Lage ist, die schrecklichen Kindheitserinnerungen abzulegen. Alle Charaktere sind vielschichtig beschrieben. Dabei werden die unterschiedlichen Beziehungen zueinander dargelegt. Besonders intensiv ist die Beziehung zwischen Lex und ihrer viel jüngeren Schwester, Evie, herausgearbeitet worden, denn Lex hat sie wie eine Mutter beschützt. Das Buch ist in 7 Kapitel eingeteilt. 6 Kapitel für jeweils ein Geschwisterkind, eines für alle. Dabei wird der Spannungsbogen bis zum Schluss aufrecht erhalten, denn mehere Geheimnise werden erst am Ende des Romans offengelegt. Auch werden oft nur Andeutungen bezüglich der Leidensgeschichte der einzelnen Kinder gemacht. Das regt die Phantasie des Lesers an, ebenso wie die bildhafte Sprache, die mit Metaphern durchsetzt ist. Es ist keine einfache lineare Erzählung, sondern man muss sich konzentrieren, da besonders gegen Ende, die einzelnen Erzählebenen schnell wechseln. Die religiösen Fakten wurden gut recherchiert und verständlich gemacht. Ob es sich wohl um einen rhetorischen Trick handelt, dass die Wortwahl und deren intendierte Bedeutung des Öfteren unklar bleibt, damit der Leser innehalten und nachdenken muss?
Ein In jeder Hinsicht spannendes und gelungenes Werk, das eine gewagte Problematik aufgreift, die danngenerell von der Presse ausgeschlachtet wird um die Sensationslust der Leser zu befiedigen.