Familientragödie im Horrorhaus

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Normalerweise lieben und beschützen Eltern ihre Kinder. Lex und ihre Geschwister erleben das genaue Gegenteil. Ihre Eltern, religiöse Fanatiker, misshandeln sie körperlich und psychisch. Es wird mit den Jahren immer schlimmer. Zuletzt sind die Kinder unternährt, leben im Dreck und sind an ihre Betten gefesselt in abgedunkelten Räumen. Dann gelingt der 15-Jährigen Lex, später in der Öffentlichkeit als Girl A bekannt, die Flucht.

Die Erzählung fängt einige Jahre später an und wird aus der Perspektive von Lex erzählt. Die Mutter ist im Gefängnis gestorben. Lex wird als Testamentsvollstreckerin benannt und muss sich in diesem Zusammenhang mit ihrem Elternhaus, der Vergangenheit und ihren Geschwistern auseinandersetzen.
Das ist kein einfacher Prozess. Man merkt von Anfang an, dass Lex der Horror, den sie in ihrer Kindheit und Jugend erlebt hat, nie wirklich losgelassen hat.

Das Verhältnis der Geschwister untereinander ist teilweise schwierig und unterschiedlich geprägt. Das zieht sich von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter fort. Nicht nur Lex hat mit den Auswirkungen des Erlebten zu kämpfen. Jede und Jeder von ihnen hat sein eigenes Päckchen zu tragen.

Das Buch wechselt in den Zeitebenen zwischen der Gegenwart und Rückblenden in die Vergangenheit. Nach und nach werden immer mehr Details aus der Zeit im Horrorhaus erzählt. Es ist absolut fürchterlich, was die Geschwister erleiden mussten. Insbesondere der Vater ist die treibende Kraft hinter den Grausamkeiten.
Gegen Ende des Buchs gibt es einen kleinen Plot Twist, mit dem ich nicht gerechnet habe.

Die Schilderungen aus der Perspektive von Lex sind nüchtern und stehen teilweise im Kontrast zu den fürchterlichen Ereignissen. Für mich zeigen sie die Abgestumpftheit der Protagonistin. Anders kann man so etwas wahrscheinlich nicht überleben ohne vollständig zu zerbrechen.

Was mir nicht so gut gefallen hat, ist der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Diese sind nicht immer direkt erkennbar, sodass manchmal die Orientierung fehlte.

Ansonsten hat mir "Girl A" aber gut gefallen, sofern man in Anbetracht der Geschichte überhaupt das Wort "gut" verwenden kann. Das Buch hat mich bedrückt zurückgelassen, so als ob es für Lex kein wirklich gutes Ende geben kann. Auch wenn ich mir vorstellen möchte, dass sie weiterkämpft und eines Tages Heilung findet.

Alles in allem ein bedrückendes und schockierendes Buch, dass den Verlauf einer Familientragödie und deren Nachwirkungen skizziert.