Wie man ein perfektes Ende zerstört

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kobina Avatar

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Achtung!
Wem noch nicht bewusst ist, dass KYSS sich auf die Fahne geschrieben hat, ausschließlich Happy Ends zu verlegen, sollte an dieser Stelle lieber zum englischen Original greifen. Mehr dazu am Ende dieser Rezension.

Als ich das erste Mal von "Girls of Dark Divine" hörte, war ich sofort angetan von dem Buch. Zunächst ließ mich das innehalten und hinterfragen, da die lebenden Marionetten als Balletttänzerinnen doch eigentlich ein recht häufig genutztes Motiv sind und somit nichts Besonderes darstellen sollten, oder?
Erst nach einigem Nachdenken kam ich zu dem Schluss, dass dieses Thema (insbesondere in Serien) zwar des Öfteren aufgegriffen wird, jedoch nie wirklich der Hauptplot der Geschichte ausmachte.
Umso mehr freute ich mich, nun ein Buch in der Hand zu halten, in dem das endlich der Fall ist.

Und ich muss sagen: Die Debütautorin E. V. Woods. hat mit diesem Werk wirklich geliefert. Sie erschafft eine eigene Welt, auch wenn dies in meinen Augen gar nicht nötig gewesen wäre; die Geschichte hätte auch problemlos als Historical Fantasy funktioniert.
Die Hauptcharakterin Emberlyn fühlt sich durch und durch echt an. Man kann sich mit ihr identifizieren, versteht jeden ihrer Schritte und ihre Gefühlswelt wurde nicht auf das altruistisch Gute getrimmt, sondern bringt realistische Schatten und Wut mit sich.
Es war erfrischend, dass ihr Loveinterest mal mit ihr auf einer Seite der Unterdrückten steht und nicht ihr geschworener Gegner ist. Ebenso erfrischend war es, dass keiner von ihnen übermächtig stark war, sondern beide nur Opfer einer höheren Instanz. Mehr davon!
Die Sprache ist wunderbar gewählt. Sie passt in die gewählte Zeit, in das gewählte Setting und trägt dazu bei, dass man sich in der Geschichte verlieren kann. Hier und da gab es zwar ein paar Wort- beziehungsweise Formulierungswiederholungen, aber mal abgesehen davon, dass das jedem passieren kann, ist das in einem Erstlingswerk erst recht vollkommen in Ordnung. Auch die deutsche Übersetzung kann sich sehen lassen, die den Ton gekonnt beibehalten hat.

MINOR-SPOILER
Was die deutsche Übersetzung jedoch nicht gekonnt hat, war ein perfektes Ende als solches stehen zu lassen. Dieses war nämlich ursprünglich klassisch bittersweet - und passte haargenau in die Welt, den Plot, die Charaktere.
Zwar kann ich verstehen, dass man den Lesenden ein fröhliches Ende anbieten möchte; dieses jedoch als das eigentliche Ende zu präsentieren und das Originalende als "Alternatives Ende" abzuwerten, hatte hingegen einen unangenehmen Beigeschmack. Insbesondere, da das Happy End sich nicht sonderlich echt anfühlt. Bereits bevor ich wusste, dass die Geschichte eigentlich bittersüß endet, ließ mich das Gefühl nicht los, dass der Epilog mehr aus Plastik als aus Fleisch und Blut besteht. Bitte, bitte, bitte lasst Geschichten in Zukunft so wie sie sind und bietet das weichgespülte Ende nur als Alternative an und erhebt es nicht zu etwas, was es gar nicht ist.
Ich habe Eingangs erwähnt, dass KYSS (laut eigener Anmerkung) immer nur Happy Ends verlegt. Das war mir bisher nicht bewusst und zerstört nun leider auch die Spannung zukünftiger Bücher. Wenn man von Anfang an immer weiß, dass es sowieso gut ausgeht, warum sollte man sich überhaupt auf die Reise begeben und mitfiebern? Sehr traurig :(