"Glückliche Ehe" von Rafael Yglesias

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killerprincess Avatar

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**Inhalt**
Enrique ist ein literarisches Wunderkind -aber nur, bis zu seinem zweiten Roman, danach geht es schleppend weiter. Im Manhattan der 70er Jahre lernt er Margarete kennen und sofort verliebt er sich in sie. Auch wenn sie anfänglich kleinere Schwierigkeiten haben, so kommen sie doch zusammen, denn abwechselnd erlebt der Leser das Paar in der Vergangenheit und dann in einer traurigen Gegenwart. Mit Mitte 50 ist Margaret unheilbar krank und möchte sterben.
**Meinung**
Nicht immer glaubt man das, was auf den Covern der Bücher steht. Klar, denn das Buch soll ja auch verkauft werden.
Doch die New York Times Sunday Book Review liegt richtig: "Das ist wirkliche, tief empfundene Intimität."
Das stimmt und ich würde auch noch auf die Emotionalität eingehen, denn ich hatte so einige mal Tränen in den Augen, vor allem gegen Ende des Buches.
Es ist einfach wunderbar, wie der Autor diese Geschicht so zart spinnt.
Anfänglich hat es noch etwas verwirrt, das sich die beiden doch gerade erst kennenglernt haben und nun sind sie seit vielen Jahren verheiratet?
Doch diese Sequenzen der Vergangenheit passen perfekt. Es sind mal schöne und mal ein wenig dramatische Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit, ein gemeinsam gelebtes Leben. Dadurch ist die Intensität noch viel größer: In einem Kapitel die lachende, aktive Margaret. Im nächsten eine kranke, hilfebedürftige Frau.
Protagonist Enrique ist ein toller Charakter. Er kümmert sich so rührend um seine Frau, solche Menschen verdienen ganz viel Respekt.
Sowohl Enrique als auch Margarte sind runde Charaktere. Sie haben ihre Eigenarten, nicht alles an ihnen findet man gut, aber man verbringt gerne Zeit mit ihnen und ihrem Leben. Ich habe sie so gerne begeleitet, weshalb mich das Ende doppelt traurig machte.
Der Autor hat einen ganz eigenen, ruhigen Schreibstil, der manchmal mit umgangssprachlichen Ausdrücken gesät ist, an denen man kurz stocken muss, aber dann denkt man: "Irgendwie passt das zu Enrique..." und dann musste ich schmunzeln.
Auch ein unterschwelliger Humor ist zu finden, sodass das Buch nicht nur melancholisch und ernst ist.
Rafael Yglesias hat einen Roman über eine Ehe geschrieben, die er als "Glücklich" bezeichnet. Und das sind Margaret und Enrique in ihrem Buch-Universum ohne Zweifel. Sehr schön finde ich, dass der Autor seinen Lesern keine Moralpredigt hält und Richtlinien für eine gelungene Ehe aufdrücken will, wie man es beim Titel vermuten könnte.
**Fazit**
Ein absolut lohnenswerter Roman. Die Krankheit von Maragaret ist schrecklich, aber noch schlimmer ist, dass es Menschen gibt, die tatsächlich mit ihren Familien so leiden müssen.
Wer es gerne gefühlvoll mag und auch nicht vor der Traurigkeit zurückschreckt, sollte dieses Buch lesen.
Von mir gibt es einen halben Punkt Abzug, denn der Autor ließ sich so viel Zeit mit seiner Geschichte und ganz plötzlich ist sie dann vorbei. Zu schnell, zu abgehackt, das fand ich schade.