Innenleben einer Ehe

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
waldmeisterin Avatar

Von

Enrique, Sohn eines Schriftstellerehepaares, Schulabbrecher, veröffentlichter Romanautor, von Selbstzweifeln geplagt, seit einem Jahr Single, und Margaret, mittleres Kind reicher jüdischer Eltern, Cornell-Absolventin mit künstlerischen Ambitionen, lebensfroh und mit großem Freundeskreis lernen sich über ihren gemeinsamen Freund Bernard kennen, der sie widerstrebend miteinander bekannt macht.

Obwohl die Zeiträume, die die beiden Handlungsstränge umfassen, zeitlich keine große Spanne umfassen (der eine die paar Wochen vom Kennenlernen bis zum ersten Sex und der andere von dem Zeitpunkt, an dem Margaret beschließt, keine weiteren Therapien und lebensverlängernden Maßnahmen mehr zu ertragen bis sie schließlich ins Koma fällt), hat man das Gefühl, alles über die beiden zu wissen, was man wissen muss. In Rückblenden erfährt man von so allerlei: Wie ihr erstes Date verlief, Enrique Margaret betrogen hat, wie sie ihr zweiten Flitterwochen in Venedig verbracht haben, wie Enriques Vater starb und schließlich wie Margarets letzte Wochen und ihre Verabschiedung von Enrique aussahen.

Aber nicht die Handlung macht diesen Roman so einzigartig, nein, es ist die Chemie zwischen den beiden, die einfach 'rüberkommt'. Man fühlt sich, als hätte man ihr Leben mitgelebt. Da ich nach der Lektüre des Klappentextes vermute, dass die Geschichte stark autobiografische Züge aufweist, finde ich es umso mutiger von Rafael Yglesias ein so offenes, detailgetreues und nicht zuletzt sprachlich sehr komplexes Bild (s)einer (?) Ehe zu zeichnen.

die Waldmeisterin