Szenen einer Ehe

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
naraya Avatar

Von

Enrique Sabas ist der Prototyp eines Wunderkindes. Mit sechzehn Jahren seinen genialen Debütroman veröffentlicht und von Kritikern gefeiert, lernt er früh auf eigenen Beinen zu stehen. Er zieht von zuhause aus und lebt zunächst 3 Jahre lang bei seiner wesentlich älteren Freundin, bis er nach der Trennung allein in seinem Studentenappartement lebt. Verzweifelt versucht er, an seinen Erfolg von damals anzuknüpfen und gerät immer mehr unter Druck, erfolgreich sein müssen. Bewundert wird er inzwischen nur noch von Bernard, der als Schriftsteller noch erfolgloser ist als er. Als dieser ihm eines Tages die selbstbewusste Margaret vorstellt, verändert sich Enriques Leben für immer.

Im Wechsel wird die Geschichte von Enrique und Margaret in der Vergangenheit und der Gegenwart erzählt. Im Hier und Jetzt sind die beiden seit über 20 Jahren verheiratet und haben 2 erwachsene Söhne. Was jedoch nach einer Idylle klingt, wird von einer Tragödie überschattet, den Margaret hat Krebs und keine Aussicht auf Heilung mehr. Und weil sie ihr Leben, so wie es geworden ist, nicht mehr ertragen kann, bittet sie Enrique, ihr beim Sterben zu helfen - den letzten Liebesdienst, den ihr Mann ihr erweisen kann.

Vorsichtig, aber dennoch intensiv schildert Rafael Yglesias die Anfänge und das Ende einer großen Liebe. Wir erfahren von Enriques und Margarets erstem Date, von Bernards Eifersucht und Enriques Angst, der Frau an seiner Seite nicht genügen zu können. Der schönen und klugen Margaret, die ebenso kühl und launisch sein kann und am liebsten jeden und alles um die herum kontrollieren möchte. Eine Kontrolle, die sie erst im Sterben an ihren Mann abgeben kann.

Dass Yglesias in seiner Geschichte auch die dunklen und schwierigen Seiten einer Ehe zeigt, bringt sie dem Leser näher und macht sie glaubwürdiger. Neben Liebe und Freundschaft spielen auch Zweifel, Lieblosigkeit, Verzweiflung und sogar Hass eine Rolle. Enrique betrügt seine Frau mit einer anderen, Margaret verletzt ihn immer wieder und schließt ihn aus seinem Leben aus. Dennoch halten sich die beiden wie Ertrinkende aneinander fest - bis zum Schluss.

Rafael Yglesias ist es gelungen, von einer nicht perfekten Ehe zu erzählen, ohne Pathos und Augenwischerei - einer Ehe wie jeder anderen, aber dennoch besonders.