Zwei deutsche Schicksale

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takabayashi Avatar

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In vier Abschnitten über die Zeiträume 1924 - 1945, 1946 - 1967, 1968 - 1989 und 1990 - 2001 lässt Gisela Stelly uns in ihrem Familienroman GOLDMACHER an den Schicksalen der beiden Protagonisten Anton Bluhm und Franz Münzer und ihrer Familien teilhaben.

Beider Leben sind aufs Innigste mit der deutschen Geschichte verstrickt. Die ungleichen Freunde haben sich als Jugendliche während eines HJ-Einsatzes auf dem Land kennen gelernt. Anton ist eher ein Bücherwurm, Franz eher ein Anführer und Macher und doch erkennt er in Anton den überlegenen Geist.

Was beide zu diesem Zeitpunkt nicht wissen: Franz' Vater trägt die Mitschuld am Ruin von Antons Vater, der sich dazu hatte hinreißen lassen, in die von Münzer Senior und Co als todsichere Geldanlage propagierte Goldproduktion zu investieren.

Anton und Franz treffen sich im Lauf der Zeit immer wieder und verlieren sich zwischenzeitlich auch immer wieder aus den Augen. Krieg, Besatzungszeit, Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Studentenrevolte, Wende … zeitgeschichtliche Umbrüche haben einen großen Einfluss auf ihre Geschicke. Dritter im Bunde ist Hans-Ulrich Hacker, einst zu HJ-Zeiten Franzens "Adjutant", später Antons rechte Hand beim Aufbau seines Zeitungsimperiums. Anton und Hans-Ulrich haben sich der Aufklärung der Hintergründe des tausendjährigen Reiches verschrieben, Hans-Ulrich interessiert sich besonders für das sogenannte "Nazigold", doch Antons großes Werk, "Der Untergang" soll es heißen, gerät durch die Anforderungen der Tagesgeschäfte in der Zeitungsredaktion immer mehr in Vergessenheit.

Franz' Vater wird als Naziverbrecher erkannt und einige Jahre interniert, kommt aber danach als bundesdeutsches Stehaufmännchen schnell wieder auf die Beine. Franz schafft es aber irgendwann, aus dem Schatten des übermächtigen Vaters herauszutreten und unabhängig von ihm, seine eigene Hotelkette ins Leben zu rufen.

Beide Männer haben Freundinnen, Ehefrauen, Geliebte und Kinder, im Falle von Franz sind es sechs Töchter und ein unehelicher Sohn in Italien, von dessen Existenz er nichts ahnt.

Diese Familiengeschichte mit zeitgeschichtlichem Bezug ist eine äüßerst interessante und spannende Lektüre, ich konnte das Buch zeitweise gar nicht aus der Hand legen. Es ist nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam geschrieben, eine gute Mischung. Der jeweilige Zeitgeist in den einzelnen Phasen der deutschen Geschichte wird sehr gut herausgearbeitet.

Die Autorin hat ganz offensichtlich ihren langjährigen Ehemann Rudolf Augstein als Vorbild für Anton Bluhm gewählt. Ich habe mich während der Lektüre gefragt, welche der geschilderten Frauen wohl nach ihrer eigenen Person gestaltet ist?