Nordischer Krimi

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Das Buch beginnt rasant. Ein geistig behindertes Mädchen wird knapp vor dem Überrollen durch eine Straßenbahn gerettet, eine schon reichlich verweste Leiche wird aus dem Wasser geborgen, eine bekannte Bischöfin erstochen und ein Künstler mit einer Überdosis tot aufgefunden. Und das alles kurz vor bzw. an den Weihnachtsfeiertagen, die Oslo in Schnee hüllen. Dann taucht auch noch ein obskures Testament auf, weitere Todesfälle könnten mit den Taten in Verbindung stehen, die Familie der ermordeten Bischöfin verhält sich reichlich merkwürdig. Der ganze Plot ist nicht besonders ausgefallen, auch die Technik der vielen unterschiedlichen Blickwinkel, die hier allerdings recht kunstvoll ineinander übergeblendet werden, sehr oft zu finden. Die verschiedenen ermittelnden Beamten werden mit ihrem familiären Umfeld vorgestellt, auch der besonders in der skandinavischen Krimiliteratur übliche gesellschaftskritische (hier den Umgang mit Homosexualität betreffende) Aspekt fehlt nicht, wird aber auch nie zu plakativ. Trotzdem ist Anne Holt hier ein besonderes, sehr empfehlenswertes Buch gelungen. Ihr gelingt es, die vielen Fäden der Gechichte sicher und unverkrampft zusammenzuführen, ohne dass der Leser das Interesse an den Figuren verliert. Im Gegenteil: Man bekommt große Lust, auch die älteren Teile der Reihe zu lesen, um die Charaktere besser kennenzulernen. Aber auch der Kriminalfall gerät nicht ins Hintertreffen und wird, wenn auch ohne wirklich atemberaubende Wendungen, spannend weiterverfolgt. Einzig der Epilog um das Erweckungserlebnis der Bischöfin ist wenig überzeugend und, meiner Meinung nach, einfach überflüssig.

Insgesamt gesehen also eine eindeutige Leseempfehlung für einen soliden, gut und intelligent gebauten Skandinavien-Krimi mit leichten sozialkritischen Tönen.