Spannend, aber nicht durchgehend packend

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reishimura Avatar

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Gleich zu Beginn möchte ich klarstellen, dass mir bewusst ist, dass es sich hierbei um ein Jugendbuch handelt und ich nicht zur eigentlichen Zielgruppe gehöre. Daher sind auch meine Erfahrungen aus der Sicht eines Erwachsenen. Allerdings bin ich der Meinung, dass ein gut konstruiertes Jugendbuch durchaus auch ein erwachsenes Publikum ansprechen kann.

Wieder einmal war es das Äußere, das mich auf dieses Buch aufmerksam werden hat lassen. Das Cover gefällt mir sehr gut und vermittelt meiner Meinung nach bereits einen guten Eindruck über den Inhalt des Buches. Kaspar Hauser ist mir natürlich ein Begriff, wobei ich ehrlich zu geben muss, dass ich mich mit ihm bis dato nur am Rande beschäftigt habe. Die Idee des Autors reale und fiktive Elemente miteinander zu vermischen hat mich aber direkt angesprochen.

Der Einstieg in das Buch hat mir sehr gut gefallen und durch die sehr anschaulichen und ausführlichen Beschreibungen der Umgebung hat Autor Davide Morosinotto es geschafft, dass ich mich gut in die Geschichte einfügen konnte. Maßgeblich dazu beigetragen haben auch die diversen Illustrationen, die im Buch enthalten sind. Diese vermitteln noch einmal ein wunderbares Gefühl für die Zeit, in der das Buch spielt und geben der Geschichte mehr Authentizität.
Die Handlung hat für mich leider einige Schwachpunkte und gerade der Mittelteil hat sich sehr gezogen. Hier ist der Spannungsanteil am geringsten und der Großteil der Handlungen besteht aus Beschreibungen und Befragungen. Ich denke, dass gerade dieser Teil auch für die eigentliche Zielgruppe sehr herausfordernd sein kann. Gegen Ende hin zieht der Autor noch einmal kräftig an und die Ereignisse überschlagen sich fast, so wie es eben oft in einem Kriminalfall der Fall ist.

Die Vermischung von realen und fiktiven Fakten ist dem Autor meiner Meinung nach sehr gut gelungen und die meiste Zeit konnte ich nur schwer unterscheiden, was nun wirklich belegte Fakten und was der Fantasie des Autors entsprungen ist. Gegen Ende hin merkt man deutlicher, dass Davide Morosinotto erheblich von den historisch belegten Fakten abweist. Dies habe ich aber in gewisser Weise erwartet. Das Ende war für meinen Geschmack dann aber doch ein wenig zu übertrieben konstruiert. Ich denke aber, dass dies eine sehr erwachsene Sicht ist und die eigentliche Zielgruppe da weniger Probleme haben wird.

Mit Greta Grimaldi hat der Autor einen sehr interessanten und vielschichtigen Charakter erschaffen. Hierbei fand ich sehr faszinierend, dass Greta zwar in gewisser Weise ein auffallendes Äußeres hat, dennoch aber von den meisten Personen mehr oder weniger übersehen wird. Dies zeigt sehr deutlich die Rolle der Frau im 19ten Jahrhundert. Denn, obwohl sie ihren Vater maßgeblich bei den Ermittlungen unterstützt, ist es doch er, der am Ende die Lorbeeren einstreichen kann.

Die Geschichte des Buches ist auf jeden Fall stimmungsvoll, aber phasenweise auch sehr düster. Wie so oft, möchte ich Eltern ans Herz legen, dass Buch zuerst selbst zu lesen, bevor sie es ihren Kindern zum Lesen geben. Manche Stellen könnten für sehr sensible Kinder ein wenig überfordernd sein.
Davide Morosinotto hat hier einen gut durchdachten historischen Roman abgeliefert, der bei Jugendlichen, die sich für Geschichte und Kriminalfälle interessieren sicher großen Anklang finden wird. Mich persönlich konnte das Buch zwar nicht restlos überzeugen, dennoch halte ich dies für einen klugen und interessanten Roman, den ich gerne weiterempfehle.