Quirlig & Queer, aber auch chaotisch

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zauberberggast Avatar

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Alles an diesem Roman wirkt auf den ersten Blick total over the top und bis zur groben Unglaubwürdigkeit konstruiert. Da ist eine maori-russisch-deutsch -jüdisch-rumänisch-spanische Familie in Neuseeland, der Vater Biologe, die Mutter schön und geheimnisvoll. Alle drei Kinder auf ihre Weise hyper intellektuell und getrieben, überwältigt von der modernen Welt und ihren Möglichkeiten. Valdin, der zweitälteste Sohn, ehemaliger Physiker und jetzt Reisejournalist mit eigener Sendung, ist schwul und zerbricht fast an der unerfüllten Liebe zu seinem viel älteren Exfreund Xabi, der wiederum der Bruder des Ehemannes seines Onkels ist. Klingt kompliziert, ist auch so. Er hat eine Schwester, Greta, die zweite Ich-Erzählinstanz dieses Buches. Die Kapitel und Perspektiven wechseln zwischen Valdin und ihr. Sie heißt dummerweise genau so wie die andere Greta, die die Ehefrau von Greta und Valdins älterem Bruder Caspar ist, der bereits als Teenager einen Sohn mit einem fremden Mädchen auf einer Party gezeugt hat, der jetzt bei ihnen lebt - Tang. Greta II ist Deutsche, aber Greta I war auch irgendwann mal in Deutschland zum Studieren. Greta II und Caspar haben miteinander noch eine sechsjährige Tochter, Freya. Ach ja und die eigentliche Greta also Greta I ist Tutorin für Vergleichende Literaturwissenschaft und struggelt mit ihrer sexuellen Identität und wechselnden Beziehungen. Eigentlich steht sie aber auf Frauen.

Die Entscheidung, zwei Figuren in einem Buch gleich zu nennen, ist - gelinde gesagt - speziell und legt den Finger in die Wunde der Exzentrik dieses Buches. Zudem heißt Caspar auch noch eigentlich ganz anders. Ich habe also gedacht, dass ich ein ziemlich buntes Kuddelmuddel, zu verwirrend und popkulturell, als dass ich es genießen werde. Kaum eine richtige Handlung zu erkennen und wer ist überhaupt wer. Tja, falsch gedacht. Ich habe das Buch und seine Charaktere richtig ins Herz geschlossen, als ich mich richtig darauf eingelassen habe. Valdin ist halt einfach eine Person, die einem sofort nahe geht und einen Platz in den Herzen der Lesenden einnimmt. Mit Greta habe ich mich etwas schwerer getan. Ihre Gedanken sind sehr viel mehr random, auch ihr Plot zerfasert viel mehr als der von Valdin, der eigentlich sehr auf die Beziehung mit Xavi fokussiert ist. Ich fand auch so schön, wie deren Geschichte dann aufgelöst wurde, also die von Xabi und Valdin. Letztlich ist es ein positives Buch darüber, dass man seinen Platz im Leben doch finden kann, wenn man nur lange genug danach sucht. Die Grundverwirrung und das Gefühl, dass alles künstlich und konstruiert ist, hat mich aber bis zum Ende nicht ganz verlassen, deswegen nur 4 Sterne von 5.