Urban Fantasy trifft chinesische Mythologie: faszinierend, rätselhaft und zutiefst emotional

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Im Mittelpunkt steht Zhao Yunlan, charismatisch, eigenwillig und mit einem instinktiven Gerechtigkeitssinn ausgestattet. Er leitet das Sonderdezernat für übernatürliche Phänomene und begegnet dabei dem ebenso rätselhaften wie sanftmütigen Professor Shen Wei.

Die Beziehung der beiden ist geprägt von Subtext, unausgesprochener Nähe und einem feinen emotionalen Spannungsfeld, das sich nur langsam entfaltet. Ihre Dynamik gehört zu den stärksten Elementen des Romans. Zhao Yunlans lebhafte Art trifft auf Shen Weis stille Tiefe, was zu einer spannungsgeladenen Verbindung führt, die mehr sagt als jede explizite Liebesszene.

Priests Stil ist bildhaft und atmosphärisch dicht. Die Übersetzung schafft es größtenteils, den Ton zu bewahren, auch wenn einzelne Passagen gelegentlich holprig wirken. Diese kleinen Stolpersteine sind jedoch leicht zu verzeihen, da die emotionale Wirkung des Textes ungebrochen bleibt. Besonders beeindruckend ist die Art, wie komplexe mythologische Konzepte in eine moderne Erzählstruktur integriert sind. Begriffe aus dem Buddhismus, spirituelle Konzepte und kulturelle Anspielungen fügen sich organisch in die Handlung ein und laden dazu ein, tiefer in die chinesische Kultur einzutauchen.

Der Roman ist dabei weit mehr als ein Fantasy-Abenteuer. Er stellt philosophische Fragen, spielt mit der Idee von Wiedergeburt, Identität und dem, was wir bereit sind, für andere zu opfern. Auch ohne große Action-Szenen entwickelt sich eine subtile Spannung, getragen von den Figuren und ihrer Vergangenheit, die sich erst nach und nach offenbart. Dabei bleibt vieles angedeutet, aber gerade das macht den Reiz aus. Die Stille, das Warten, das Zögern – all das erzeugt eine fast greifbare emotionale Intensität. Besonders Shen Weis stille Sehnsucht zieht sich wie ein leiser Schmerz durch die Geschichte.

Erwähnenswert ist auch die Nebenfigur Daqing, ein sprechender, jahrtausendealter Kater mit Vorliebe für Fischsnacks und einer überraschend weisen Perspektive. Er bringt nicht nur Humor in die Handlung, sondern wirkt mit seiner mystischen Vergangenheit wie ein Anker zwischen den Welten.

Wer auf opulente, langsame Erzählungen mit komplexen Figurenbeziehungen steht, findet hier ein echtes Highlight. „Guardian – Seelenwächter“ ist der Auftakt zu einer Reihe, die nicht nur unterhält, sondern auch nachwirkt. Es ist ein Roman über Pflicht, Verbundenheit und das, was zwischen den Zeilen liegt. Ein Buch für alle, die sich auf stille Sehnsucht, mythologische Tiefe und eine außergewöhnliche Welt einlassen wollen.