Die gar nicht so goldenen Zwanziger

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bücherkarin Avatar

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Der 5. Band der erfolgreichen Familiensaga um die Grafen von Auwitz-Aarhayn und ihr Gut Greifenau umfaßt den Zeitraum von Herbst 1923 bis Weihnachten 1928. Krieg, gesellschaftliche Umbrüche und Inflation haben allen arg mitgespielt. Mit der Weimarer Republik, Gustav Stresemann und der Einführung der Rentenmark beruhigt sich die Lage etwas, es ist ein Silberstreif am Horizont zu sehen.
Vor diesem historischen Hintergrund erzählt die Autorin das weitere Schicksal der mittlerweile weit verzweigten gräflichen Familie aber auch der einfachen Leute sehr lebendig.
Die Protagonisten, also Graf Konstantin und Rebecca auf Greifenau sowie seine Schwester Katharina mit Julius sind sehr fortschrittliche Familien. Die Gutsbesitzer werden finanziell sehr gebeutelt, ein paar mal droht knapp die Veräußerung des Gutes. Aber Katharinas Hilfe, der Ziegeleibetrieb und die fortschrittliche Idee, Sommergäste zu beherbergen wenden drohendes Unheil immer wieder ab. Auch das Verhältnis zu Pächtern und Dienstboten ist sehr viel lockerer und humaner als es die alte Gräfin Feodora jemals gutheißen würde,
Die Berliner Familie Urban dagegen hat keine Geldsorgen, Julius Vater als Großindustrieller ist in der Inflation noch reicher geworden und auch die Immobiliengeschäfte gehen gut. Katharina, die nun endlich Medizin studiert, hat einerseits einen sehr schweren Stand gegenüber Professoren und männlichen Kommilitonen, andererseits fordern die Kinder und Julius einen Teil ihrer Zeit. Sie ist oft überfordert und fühlt sich ausgelaugt, überwindet aber alle Schwierigkeiten.
Trotz allem kümmert sie sich rührend um ihren jüngeren Bruder Alexander. Durch ihn, den Filmmusiker wird der Leser mit dem typischen Berlin der Zwanziger bekannt, mit all seinem Glanz, Glitzer und seiner Verruchtheit. In Berlin trafen sich alle Künstler der Welt, es war ein Schmelztiegel, das iInnere eines Vulkans.
Und durch Bruder Nikolaus und seine Geschichte wird uns bewußt, das bereits in den Zwanzigern die braune Gefahr sehr an Stärke gewinnt, durch Adel und Großindustrielle gefördert, die sich die Hände im Kampf gegen den Kommunismus nicht selbst schmutzig machen wollen, aber nicht glauben wollen, dass ihre Handlanger jemals mächtig werden könnten.
Da auch jedes Dienstbotenschicksal geschildert wird, ist auch dieser 5. Band wieder ein breit angelegtes, interessantes und mit viel menschlicher Wärme geschriebenes Geschichtsbuch.
Aber auf Grund der Breite bleibt noch zu vieles offen, stehen noch zu viele Fragen im Raum, so dass eigentlich ein sechster Band folgen müßte.......