Immer noch großartig!

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avila Avatar

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Im fünften Band von Hanna Caspians Reihe "Gut Greifenau" befinden wir uns mitten in der Weimarer Republik. Relativ schnell wird die Renten- und Reichsmark eingeführt, so dass unsere altbekannten Protagonisten wieder ein wenig Land unter die Füße bekommen. Doch wie ergeht es Konstantin, Katharina, Alexander und Nikolaus in den goldenen 1920er Jahren?


Es ist wirklich erstaunlich, dass das fünfte Buch der Reihe immer noch so viel Spaß macht wie der erste Band. Die Geschichte flacht weder ab noch wird sie langweilig. Caspian schafft es, sich in jede Figur hineinzudenken und deren Weg sinnvoll weiterzustricken. Langweilig wird es dabei nicht, vor allem da alle Grafenkinder so unterschiedliche Wege gehen und ihre Lebensentwürfe so total unterschiedlich sind. Gut Greifenau ist dabei der Anker und Hafen. Immer wieder kommen alle Kinder dorthin zurück und erinnern sich auf ihre Art und Weise an ihre Herkunft.


Selbst den unsympathischen Nikolaus schaue ich gerne über die Schulter. Es ist zwar eher erschreckend, aber dennoch spannend und informativ, wie es bei ihm weiter geht. Gerade bei Nikolaus zeigt sich die besondere Perspektive, die Hanna Caspian in diesem Roman einnimmt. Sie gibt hier nicht den historischen Einheitsbrei wieder, den man mittlerweile aus unendlichen Romanen kennt. Die Perspektive ist immer die der ehemaligen Adligen und somit eröffnen sich mir ganz neue Perspektiven auf diese Zeit. Es ist total spannend, denn auch ich denke mir gerade, wie kann Hitler eigentlich an die Macht gekommen sein? Ich bin total gespannt, ob und wie das im nächsten Band noch thematisiert wird.


Aber auch Konstantin, der zwischen altem Landadel und bürgerlich-sozialen Sichtweisen hin und her pendelt, bietet einen spannenden Blick auf die Weimarer Republik. Hinzu kommt die recht emanzipierte Katharina, eine der ersten Medizinstudentinnen, die mit ihrem reichen Ehemann ein sehr priviligiertes Leben führt und meine heimliche Lieblingsfigur: Alexander. Als Homosexueller in Berlin hat er es in 20er Jahren recht leicht - aber trotzdem nur im Verborgenen. Auch wenn es Teile in Berlin gibt, in denen Homosexualität geduldet wird, ist die Gesellschaft dennoch weit entfernt von einer liberalen Einstellung.


Ich glaube, ich könnte diese Reihe ewig weiterlesen, denn wenn man dann genug von priviligiertem Altadel hat, taucht man in die Dienstbotenetage ab und wird wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Es macht einfach immer noch Spaß! Also bitte, bitte, liebe Hanna Caspian, gib uns mehr Gut-Greifenau-Bände!