"Manchmal fehlt zum Silberstreif nur der Horizont." (Stefan Schulz)

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1923-1928. Deutschland steht machtlos einer Geldentwertung entgegen, die das Leben aller an den Rand ihrer Kräfte bringt. Auch auf Gut Greifenau geht es für Rebecca nebst Ehemann Konstantin, ihrer Familie und Bediensteten ums nackte Überleben und die Sicherung ihrer Existenz, wobei sie auch die Dorfbewohner in ihre Überlegungen miteinbeziehen. Doch es gelingt Konstantin, das Gut in sicheres Fahrwasser zu lenken. Derweil nimmt seine Schwester Katharina endlich ihr Medizinstudium auf und kämpft mit ebenso harten Bandagen wie ihre Widersacher, was ihr einige Anerkennung einbringt. Ehemann Julius dagegen möchte Katharina am liebsten bei sich haben, so dass es zwischen den beiden zu manch einem Konflikt kommt. Alexander hat derweil ziemlich große Probleme, denn er wird in Bezug auf seine Neigung erpresst, was kein gutes Ende verheißt. Und auch Feodora lässt wieder keine Gelegenheit aus, um alle nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen...

Hanna Caspian präsentiert mit „Silberstreif“ den langersehnten 5. Band ihrer historischen Greifenau-Saga, der mit viel Spannung, Familiengeschehen, Drama und geschichtlichem Hintergrund gewürzt ist. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil bringt nicht nur das Kopfkino in Gang, sondern lädt den Leser zudem ein, sich wieder bei liebgewonnenen alten Freunden auf Gut Greifenau einzunisten, um ihr weiteres Schicksal mitzuerleben. Schnell ist man wieder Teil der Bewohner, verfolgt diese auf Schritt und Tritt, damit einem nur nichts entgeht. Der Spannungsbogen wird schon früh recht hoch angelegt, steigert sich aber während der Handlung immer weiter in die Höhe durch geschickte Wendungen und so manche Intrige. Geschickt setzt die Autorin geschichtliche Ereignisse in ihrer Handlung um, so erlebt der Leser die Hyperinflation ebenso mit wie den Einzug technischer Errungenschaften, den Kampf um den Erhalt des Gutes, die politischen Veränderungen sowie die immer stärker werdende NSDAP. Die Umbrüche im Land zeigen dabei Parallelen auf zu denen innerhalb der Familie und ihren Dienstboten. Viel Wert hat die Autorin auch wieder auf die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Familie gelegt, die so authentisch wie glaubwürdig zu nennen sind. Der familiäre Zusammenhalt ist trotz aller möglichen Unstimmigkeiten und Ressantiments immer vorhanden, man hilft sich nicht nur untereinander, sondern fühlt sich auch für die Bediensteten und die Dorfbewohner verantwortlich, so daß niemand mit seinen Sorgen und Nöten alleinw bleibr. Und während all dessen erliegt der Leser einmal mehr dem Charme der Bewohner und kann sich dem fesselnden Sog ihrer nicht entziehen.

Die liebevoll inszenierten Charaktere sprühen wieder voller Leben, erleben durch Schicksalsschläge erneut einige Entwicklungssprünge, die sie glaubwürdig und authentisch meistern. Der Leser geht in ihren Fußstapfen, erlebt alles hautnah mit, leidet mit ihnen, hofft, bangt und fiebert, dass sie alle diese schwierigen Zeiten gut durchstehen werden. Schließlich ist man einer von ihnen. Rebecca hat sich zu einer hervorragenden Gutsherrin gemausert, die nicht nur hilfsbereit und mitfühlend ist, sondern auch die Geschicke des Hauses wunderbar zu lenken weiß. Katharina hat sich auch ein gewisses Selbstbewusstsein erworben, sie wirkt mutig und kämpferisch, doch hat sie auch weibliche Raffinesse entwickelt, die sie gekonnt einzusetzen weiß. Alexander steht kurz vor dem Nervenzusammenbruch, denn sein Geheimnis steht auf wackeligen Füßen. Derweil lebt Giftzange Feodora noch in der Vergangenheit und lässt die Puppen tanzen, wie sie möchte. Aber auch Albert, Ida und viele weitere machen die Handlung mit ihren Episoden vollkommen.

Mit „Silberstreif“ ist Hanna Caspian wieder einmal ein absoluter Pageturner gelungen, der den Leser von der ersten Silbe an fesselt und bis zum Ende in seinem Bann hält. Historischer Hintergrund nebst einer spannenden Familiengeschichte und unwiderstehlichen Protagonisten sind einmal mehr ein Garant für einen Knüller! Absolute Leseempfehlung für ein Buch par excellence!