Welcome to pick me girl central

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hannahreads Avatar

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Guy’s Girl von Emma Noyes hat mich nicht durch den fragwürdigen Titel gereizt oder die Platzierung im New Adult Genre, sondern durch seine Thematisierung von Essstörungen und den Prozessen dahinter. Die Autorin selbst verarbeitet viele ihrer eigenen Erfahrungen, daher ist die Trigger Warnung zu Beginn des Buches angebracht, eröffnet aber auch die Tür für eine hervorragende, ehrliche und manchmal fast brutale Behandlung des Themas.
Auf der anderen Seite dieser Rezension, die eigentlich bisher vielversprechend begann, steht das, was der Titel verspricht. Ein Buch, das Highlights des Pick-Me-Girl Status und des Klischees des „not like other girls“-Seins in seine Seiten presst. Noyes hat kein Interesse an Frauen, außer an Ginny, die sich selbst dadurch charakterisiert, dass sie nur mit Männern befreundet ist und keine einzige bedeutsame Beziehung zu Frauen pflegt. Frauen spielen in diesem Buch einfach keine Rolle. Haben keine Tiefe oder Charakter. Sind austauschbare Hausmütterchen. Das 2023 Frauen noch Bücher schreiben, die so wenig Respekt für oder Interesse an Frauen haben, macht mich wütend, vor allem, wenn es sich mehr oder weniger unterschwellig durch einen Roman zieht. Auf Seite 17 schreibt Noyes schon folgendes: „Überhaupt liebt Ginny Jungs. Nicht in sexueller Hinsicht. Nein, was sie an Jungs liebt, ist ihre Gesellschaft. Männerfreundschaften sind anders als Frauenfreundschaften. Einfacher. Ohne das ganze Drama.“ Und solche Passagen häufen sich auf den darauffolgenden Seiten. Frauen werden ständig abgewertet und das ist nicht nur die Perspektive von Ginny als Figur. Noyes als Autorin positioniert sich auch nicht anders (ganz einfach möglich zum Beispiel über die Perspektive des männlichen Erzählers, der einen alternativen Blickpunkt hätte bieten können). Und ja, der Titel hätte mir schon verraten können, dass ich mit diesem Buch nicht glücklich werde, aber gleichzeitig hatte ich auch die Hoffnung, dass ein Titel gewählt wurde, der im Regal einfach nur gut aussieht. Leider muss ich mir eingestehen, dass der Titel genau das geliefert hat, was er versprochen hat.