Erste Hälfte top, zweite Hälfte…
Ich hatte mich nach der Leseprobe wahnsinnig auf Verena Kesslers neuen Roman gefreut. Die erste Hälfte war auch genau das, was ich mir erhofft hatte: eine gewitzte, schonungslose Satire unserer Leistungsgesellschaft, vor allem hinsichtlich körperlicher Bestätigung und Optimierung, in sehr guter und eingängiger Sprache. Ich musste häufig lachen, nicken, war überrascht. Etwa nach der Hälfte marschiert der Roman jedoch in eine ganz andere Richtung als erwartet. An sich ist das nicht schlimm, im Gegenteil, nur hatte die Hauptfigur von Beginn an zu wenig Tiefgang, um ihre Wandlung tatsächlich nachvollziehbar sein zu lassen. Der plötzliche Switch in ihr wird auch durch die zwischengeschobenen Kapitel aus der Vergangenheit nicht greifbar. Am Ende ist es einfach nu bizarr, übertrieben und zu sehr gewollt, ohne dass ich die Figur dabei wirklich fühlen konnte. Wer bizarre, gar eklige und abgedrehte Texte mag, wird in der zweiten Hälfte sehr auf seine Kosten kommen, ich war hingegen war (nur aus persönlichen Geschmack) enttäuscht, der Roman hatte zu Beginn wirklich Potenzial für eine vielschichtigere Betrachtung der Figur(en). Nichtsdestotrotz ist es ein sehr gut geschriebener Roman, der zurecht seine Fans hat.