Gym

Lifestyle, Fitness und Wahnsinn

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la calavera catrina Avatar

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„Ich war die Barfrau in einer Western kneipe, und sie waren die einsamen Cowboys.“

In drei „Sätzen“ erzählt Verena Kessler von einer Frau, ihren Lügen, ihres sportlichen Ehrgeizes, ihrer Selbstzerstörung und Obsession. Fesselnd, faszinierend und einfach krass.

Die ersten beiden Akte sind im Präteritum geschrieben und man ahnt schon, dass die Spitze des Eisbergs erst noch bevorsteht, als sie erwähnt, dass es nie einen Job gab, den sie mehr geliebt hätte.

Nachdem der Ich-Erzählerin beim Einstellungsgespräch im MEGA GYM die Lüge, gerade Mutter geworden zu sein und leidenschaftliche gern Sport zu machen, leicht über die Lippen geht, ist ihr der Job und die Unterstützung ihres Chefs sicher. Die erfundene Mutterschaft schmückt sie so detailreich aus, dass sie Vergnügen daran findet, sich etwas auszudenken. Die Angst entlarvt zu werden bleibt trotzdem, doch sie steckt die Zeit und Energie in ihr wackeliges Kartenhaus aus Lügen. Dazu gehört auch Muskelmasse für mehr Aufmerksamkeit. Was für belogene Außenstehende eine positive Wendung darstellt, ist in seiner Entwicklung beunruhigend. Rasant Ziele erreichen, immer mehr Gewichte, Proteine - schneller und „immer, immer weiter.“ Diese eindrucksvollen Beschreibungen aus dem schweißtreibenden Fitnessstudio waren auf den Punkt.

Faszinierend und gleichzeitig irritierend spitzt sich das Spektakel seinem dramatischen Höhepunkt zu. Geschrieben ist es so kritisch und ironisch überspitzt, dass es ein kurzweiliges Lesevergnügen darstellt, während sich nach und nach alles Puzzleteile zusammenfügen. Wer es sich mit einer wahnhaften Antisympathin und einer literarischen Trainingseinheit gemütlich machen will, wird es nicht bereuen. Ab ins GYM!