Gym

MEGA GYM-Obsessionen & ironische Gesellschaftskritik

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luisabella Avatar

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»Im Grunde war es ganz simpel. Ein fitter, ein straffer, ein starker Körper war vor allem eins: Arbeit. Je mehr man investierte, desto schneller kam man an sein Ziel, alles was es dazu brauchte, waren Disziplin und Willenstärke.« (48)

Die namenlose Protagonistin in Verena Keßler’s neuem Roman »Gym« ist keine Teamplayerin, sie zieht die Dinge lieber alleine durch, macht was sie will, nimmt keine Rücksicht auf Verluste oder Emotionen — auch nicht die eigenen — und arbeitet sich eisern an ihren selbstgesteckten Zielen ab. Doch wo das Ganze hinführt, wird mit jedem Kapitel und Rückblick ein wenig bizarrer, skrupelloser und maßloser.

»Sie war fleißig, aber sie war kein Bienchen. Sie dachte mit, sie verstand alles, sie interessierte sich wirklich für das, was wir da taten.« (93)

Mit dieser unsympathischen Protagonistin, die jede Beziehung im Keim erstickt, möchte mensch sich nicht identifizieren oder wiedererkennen. Und das macht die Gesellschaftskritik von Verena Keßler so faszinierend und dabei irritierend. Sie kritisiert gekonnt, den allgemeinen Selbstoptimierungswahnsinn, unsere Leistungsgesellschaft & Konkurrenzdruck. Das ist keine nette Story, keine Erfolgsgeschichte, sondern auf die Spitze getriebener Wahnsinn. Ein Roman, der mich etwas fragend am Ende zurückgelassen hat, und der zum Denken auffordert. Wer darauf Bock hat: This one’s for you. 🦾

Auch die ersten beiden Romane »Die Gespenster von Demmin« & »EVA« sind großartige Gesellschaftskritik und -Spiegel, aber haben für mich die Erwartungen an den neuen Roman eben auch sehr hoch gesetzt.