Miss Marple auf platt – ein Rügenkrimi

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wallerie0 Avatar

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Das Böse lauert überall. Daher ist es auch nur kurz verwunderlich, dass es sich selbst bis in den äußersten Zipfel der Halbinsel Rügen verirrt hat; nach Groß Zicker, wo die energische und nicht minder neugierige Ex-Polizistin Lilo Gondorf eine bei Urlaubern sehr beliebte kleine Unterkunft betreibt. Ausgerechnet einer ihrer Gäste, der pensionierte Notar Werner Koch, ist bei einem Spaziergang mit seiner blinden Frau entführt worden. Tochter Verena von der Kripo Stralsund übernimmt den Fall, kommt aber bei ihren Ermittlungen nicht recht weiter. Lilo muss was unternehmen. Und sie wird; gemeinsam mit ihrem Nachbarn Oskar stellt sie eigene Nachforschungen an, ganz nach dem Vorbild von Miss Marple und Mister Stringer. Kauzige Inselbewohner, eine eingeschworene Gemeinde, in der sich so jeder seine Gedanken macht; eine bisweilen recht amüsante Mischung aus Klatsch und Spannung. Es geht jede Menge vor sich in Groß Zwicker und Umgebung. Der Erzählstil schwankt dabei bisweilen zwischen interessant geschilderten Ermittlungsdetails und sehr behäbig beschriebenen Nebenschauplätzen. Kaum Action, keine Leichen, kein Blut, aber trotzdem wird ein gediegener Spannungsbogen nicht verlassen. Alles andere als rasant, entspinnt sich ein leichter und unterhaltsamer Sommer-Krimi, der tief in die deutsch-deutsche Vergangenheit hineinreicht. Ein später Racheakt oder eine Verwechslung? Lilo kombiniert, analysiert und beobachtet. Sie achtet einfach auf alles und bemerkt so Ungereimtheiten, die anderen entgehen. Alles ist verdächtig. Immer mehr Fragen drängen sich auf. Hat sich der Notar bei seiner Arbeit Feinde gemacht? Wieso gibt es bisher keine Lösegeldforderung? Die stand es wirklich um die Ehe der Kochs? Inwieweit wird Lilo tatsächlich von ihrer Tochter in die bisherigen Erkenntnisse in dem Fall eingeweiht? Gespickt mit Humor und Situationskomik wird der mysteriöse Vorfall zu einem multinational besetzten Heimat-Krimi, der beweist, dass Langsamkeit durchaus spannend sein kann.