Thank you for choosing "Transsibirien-Express"
Peking, 1899: Nach zehnmonatiger Pause ist der einzigartige Transsibirien-Express endlich wieder einsatzbereit, um die lange Reise ins weit entfernte Moskau anzutreten. Mit an Bord ist beispielswese Dr. Henry Grey, eigentlich ein renommierter Wissenschaftler, dessen Ruf jedoch kürzlich merklich gelitten hat. Oder Maria Petrowna, eine junge Trauernde, die nicht ohne Grund unter falschem Namen reist. Und natürlich - wie jedes Mal seit ihrer Geburt im Zug vor 16 Jahren - Zhang Weiwei, als Mitglied der Crew eine Art Mädchen für alles. Gemeinsam mit vielen anderen begeben sie sich auf eine Fahrt, die keine:r von ihnen je vergessen wird. Denn das zu durchquerende Ödland ist gar nicht so öd, wie es der Name vermuten lässt. Ganz im Gegenteil. Als dann auch noch klar wird, dass sich eine blinde Passagierin trotz aller Sicherheitsmaßnahmen in den Zug schleichen konnte, nehmen die Dinge ihren Lauf...
"Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" ist der Debütroman der im englischen Leeds lebenden Autorin Sarah Brooks, dessen Manuskript bereits vor Veröffentlichung mit dem Lucy Cavendish Fiction Prize ausgezeichnet wurde. Der Roman erscheint in insgesamt 15 Ländern, darunter in der deutschen Übersetzung von Claudia Feldmann bei C. Bertelsmann im Juli. Bemerkenswert schön ist diese Ausgabe rein optisch geworden. Ein goldener Zug unter goldener Schrift, dazu eine liebenswerte Verzierung des Buchdeckels und eine detaillierte Zeichnung der einzelnen Waggons im Inneren. Umso besser, dass da auch der Inhalt insgesamt überzeugen kann.
Gerade die erste Hälfte des Romans weiß nämlich zu gefallen. Brooks nähert sich den oben vorgestellten drei Hauptfiguren behutsam an und legt erst Schritt für Schritt deren Träume und Ziele offen. Ein kluger Schachzug, der zusammen mit der großen Fabulierfreude der Autorin und der Liebe zum Detail für eine aufregende Lektüre sorgt. Da ist beispielsweise das Buch, das diesem Roman seinen Titel gibt und von einem gewissen Valentin Rostow 1880 veröffentlicht wurde. Die Auszüge, die man zu lesen bekommt, wirken dabei so authentisch, dass man kurz zweifelt und sich fragt, ob dieser Rostow nicht vielleicht doch wirklich gelebt hat? Wunderbare Begriffe wie "Ödlandweh" - eine Art Trancezustand, die Reisende während der Fahrt durch das gefährliche Niemandsland befallen kann - "Valentinsfeuer" oder "Birkenkathedralen" und Beschreibungen des Zuges und der Geschehnisse um diesen herum, dürften nicht nur bei Eisenbahnfreund:innen den richtigen Nerv treffen.
Insgesamt ist auch die Figurenkonzeption ein großes Plus des Romans. Sarah Brooks hat sich in jedem Fall für die richtigen Hauptfiguren entschieden, denn Weiwei, Maria und Dr. Grey sind letztlich der Grund, warum das Buch auch in der schwächeren zweiten Hälfte noch zu überzeugen weiß. Sie alle berühren die Leser:innen jeweils auf ihre ganz eigene Art. Sei es Weiwei mit ihrer Sehnsucht nach einer echten Freundin, sei es der gescheiterte Dr. Grey mit seinem Streben nach Wissen und seiner Liebe zur Natur oder die trauernde Maria, die von Brooks mit großer Empathie gezeichnet wurde.
Dabei setzt sich die Autorin durchaus kritisch mit so großen Themen wie den Unterschieden zwischen Natur und Kultur oder auch Wissenschaft und Religion auseinander und scheut zudem keine Genregrenzen. Während die Leserschaft zu Beginn an Horror-Bahnhöfen Halt macht, zwischendrin ein paar Coming-of-Age-Passagier:innen zusteigen lässt, eine kurze Pause auf einem Krimi-Abstellgleis einlegt, driftet die Fahrt in der zweiten Hälfte doch ziemlich rasant und eindeutig in Richtung Endstation Fantasy.
Brooks begeht allerdings den Fehler, dem Grauen vorzeitig den Dampf zu nehmen. Vergleichbar mit einem mittelmäßigen Horrorfilm, bei dem der Grusel mit dem ersten sichtbaren Auftritt des Monsters schlagartig aufhört, muss sich die Autorin den Vorwurf gefallen lassen, es in der zweiten Hälfte mit den Fantasy- und Actionelementen zu übertreiben. Dadurch wirkt das "Handbuch" irgendwann ein wenig überfrachtet.
Dennoch ist es gerade für einen Debütroman erstaunlich, dass Sarah Brooks mit dem "Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" eine ganz eigene Welt kreiert hat, die vor Ideen und Fantasie nur so strotzt. Zwar erinnern gewisse Momente an den 2014er-Kinofilm "Snowpiercer" von Bong Joon-ho, Jeff VanderMeers "Auslöschung" oder an Albert Sánchez Piñols großartigen Roman "Im Rausch der Stille", doch sind alle drei ja nicht die schlechtesten Referenzen.
"Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" ist der Debütroman der im englischen Leeds lebenden Autorin Sarah Brooks, dessen Manuskript bereits vor Veröffentlichung mit dem Lucy Cavendish Fiction Prize ausgezeichnet wurde. Der Roman erscheint in insgesamt 15 Ländern, darunter in der deutschen Übersetzung von Claudia Feldmann bei C. Bertelsmann im Juli. Bemerkenswert schön ist diese Ausgabe rein optisch geworden. Ein goldener Zug unter goldener Schrift, dazu eine liebenswerte Verzierung des Buchdeckels und eine detaillierte Zeichnung der einzelnen Waggons im Inneren. Umso besser, dass da auch der Inhalt insgesamt überzeugen kann.
Gerade die erste Hälfte des Romans weiß nämlich zu gefallen. Brooks nähert sich den oben vorgestellten drei Hauptfiguren behutsam an und legt erst Schritt für Schritt deren Träume und Ziele offen. Ein kluger Schachzug, der zusammen mit der großen Fabulierfreude der Autorin und der Liebe zum Detail für eine aufregende Lektüre sorgt. Da ist beispielsweise das Buch, das diesem Roman seinen Titel gibt und von einem gewissen Valentin Rostow 1880 veröffentlicht wurde. Die Auszüge, die man zu lesen bekommt, wirken dabei so authentisch, dass man kurz zweifelt und sich fragt, ob dieser Rostow nicht vielleicht doch wirklich gelebt hat? Wunderbare Begriffe wie "Ödlandweh" - eine Art Trancezustand, die Reisende während der Fahrt durch das gefährliche Niemandsland befallen kann - "Valentinsfeuer" oder "Birkenkathedralen" und Beschreibungen des Zuges und der Geschehnisse um diesen herum, dürften nicht nur bei Eisenbahnfreund:innen den richtigen Nerv treffen.
Insgesamt ist auch die Figurenkonzeption ein großes Plus des Romans. Sarah Brooks hat sich in jedem Fall für die richtigen Hauptfiguren entschieden, denn Weiwei, Maria und Dr. Grey sind letztlich der Grund, warum das Buch auch in der schwächeren zweiten Hälfte noch zu überzeugen weiß. Sie alle berühren die Leser:innen jeweils auf ihre ganz eigene Art. Sei es Weiwei mit ihrer Sehnsucht nach einer echten Freundin, sei es der gescheiterte Dr. Grey mit seinem Streben nach Wissen und seiner Liebe zur Natur oder die trauernde Maria, die von Brooks mit großer Empathie gezeichnet wurde.
Dabei setzt sich die Autorin durchaus kritisch mit so großen Themen wie den Unterschieden zwischen Natur und Kultur oder auch Wissenschaft und Religion auseinander und scheut zudem keine Genregrenzen. Während die Leserschaft zu Beginn an Horror-Bahnhöfen Halt macht, zwischendrin ein paar Coming-of-Age-Passagier:innen zusteigen lässt, eine kurze Pause auf einem Krimi-Abstellgleis einlegt, driftet die Fahrt in der zweiten Hälfte doch ziemlich rasant und eindeutig in Richtung Endstation Fantasy.
Brooks begeht allerdings den Fehler, dem Grauen vorzeitig den Dampf zu nehmen. Vergleichbar mit einem mittelmäßigen Horrorfilm, bei dem der Grusel mit dem ersten sichtbaren Auftritt des Monsters schlagartig aufhört, muss sich die Autorin den Vorwurf gefallen lassen, es in der zweiten Hälfte mit den Fantasy- und Actionelementen zu übertreiben. Dadurch wirkt das "Handbuch" irgendwann ein wenig überfrachtet.
Dennoch ist es gerade für einen Debütroman erstaunlich, dass Sarah Brooks mit dem "Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" eine ganz eigene Welt kreiert hat, die vor Ideen und Fantasie nur so strotzt. Zwar erinnern gewisse Momente an den 2014er-Kinofilm "Snowpiercer" von Bong Joon-ho, Jeff VanderMeers "Auslöschung" oder an Albert Sánchez Piñols großartigen Roman "Im Rausch der Stille", doch sind alle drei ja nicht die schlechtesten Referenzen.